Die eigenen Hausmesse Techworld nutzte der chinesische Hersteller Lenovo nicht nur zur Präsentation des ersten Tango-Smartphones, das Unternehmen hatte auch sonst diverse Neuvorstellungen parat. Unter dem Namen Moto Z wurde der Nachfolger des Moto X präsentiert, der sich durch einen speziellen Trick von der Konkurrenz absetzen soll

Modulare Zukunft

Das Moto Z ist nämlich nicht einfach nur ein schlankes Android-Smartphone, per Magnet können "Mods" genannte Module an die Rückseite des Geräts angeflanscht werden, die unter anderem als leistungsstarke Stereo-Lautsprecher, Zusatzbatterie oder auch Projektor dienen können. Auto-Mods für den Navigationsbetrieb etwa oder Spiegelreflex-Module für Profi-Fotografen sollen in Vorbereitung sein, hieß es auf Nachfrage. In San Francisco gab es auch einen Laseraufsatz zu sehen, der eine Tastatur auf den Tisch projiziert oder ein Modul für den Betrieb mehrerer Bildschirme.

Motorola Mobility

Eckdaten

Im Inneren arbeitet ein Snapdragon 820 und damit der aktuellste High-End-Prozessor von Qualcomm. Der AMOLED-Bildschirm ist 5,5 Zoll groß und bietet eine Auflösung von 2.560 x 1.440 Pixel. Das RAM liegt bei 4 GB, der lokale Speicherplatz wird mit 32 bzw. 64 GB angegeben, kann aber mittels MicroSD-Karte erweitert werden. Der Akku fällt mit 2600 mAh vergleichsweise klein für ein Gerät dieser Größe aus, der Hersteller verspricht natürlich trotzdem eine lange Laufzeit. Die Kamera ist mit 13 Megapixel angegeben und wird von optische Bildstabilisierung und einem Laser-Autofokus flankiert. An der Vorderseite findet sich wie gewohnt eine zweite Kamera, die im vorliegenden Fall eine Auflösung von 5 Megapixel bietet.

Kein Kopfhörerstecker

Für einige Diskussionen sorgte umgehend ein weiteres Hardwaremerkmal des Moto Z: Das Smartphone ist nämlich nicht nur mit einem USB-C-Anschluss ausgestattet, dieser ist hier erstmals auch für die Audioausgabe an Kopfhörer zuständig. Eine eigene Kopfhörerbuchse gibt es nicht mehr, statt dessen liefert Motorola einen Umstecker mit.

Grafik: Lenovo

Als Software läuft auf dem Moto Z das aktuelle Android 6.0 "Marshmallow". Informationen zum Preis des Moto Z liefert Lenovo bisher noch nicht, das Gerät soll in Europa im Herbst in den Handel kommen.

Vorgeschichte

Andere Versuche mit modularen Smartphones hatten bisher wenig Erfolg. Sie waren klobig oder mussten Kompromisse bei der Leistung machen. Ein Problem, das Lenovo damit umgehen will, dass die Mods einfach ohne Neustart oder Stecker anzubringen sind und über 16 standardisiert Kontakte Informationen austauschen. Das soll die Plattform auf Jahre hinaus zukunftssicher machen. Ashton Kutcher, bekannter Schauspieler, Investor und Lenovo-Promoter erschien auf der Bühne und verkündete: "Es ist einfach, sich in Kleinigkeiten zu verlieren. Aber das ist ein echter Game-Changer."

JBL liefert eines der ersten Module für das Moto Z – einen externen Lautsprecher.
Grafik: Lenovo

Das muss es aber auch sein. Moto Z ist nicht nur ein neues Smartphone. Es ist auch die Chance auf ein Comeback für den Handy-Pionier Motorola, den Lenovo 2014 von Google übernommen hatte. Die Probleme des Unternehmens, das mit Telefonen mit dem "Razr" Geschichte geschrieben hatte, waren schon zuvor unübersehbar. Die Integration der Firma aus Chicago in den Konzern aus China geriet schwieriger als erwartet. Im Mai musste CEO Yuangqing einräumen, man habe die Probleme unterschätzt, und zum ersten Mal in sechs Jahren einen Jahresverlust präsentieren. Im Smartphone-Geschäft zogen unterdessen junge einheimische Herausforderer wie OPPO und Vivo an Lenovo vorbei.

Analyse

Nun seien aber die richtigen Weichen gestellt, das Problem anzugehen, sagte Gartner-Analystin Mikako Kitagawa in San Francisco: "Da waren eine Menge gute Nachrichten für Lenovo dabei, und sie haben nachdrücklich ihr Engagement im Smartphone-Markt bestätigt." Kommt die Moto-Z-Plattform rechtzeitig mit vielen attraktiven Modulen heraus, könnten die Chinesen sogar Googles Projekt "Ara" schlagen. Das ist ebenfalls ein Modul-Telefon. Nur ist es schon lange angekündigt, aber noch nie erschienen. Google nennt jetzt vage 2016 als Starttermin und schwenkte vom ursprünglichen Plan, das Telefon aus Kern-Elementen wie Prozessor und Display zusammenstecken zu lassen, auf ein ähnliches Prinzip mit Zusatz-Modulen wie bei Lenovo um. Etwas schneller als Lenovo war LG, das für sein G5 ebenfalls Module anbietet, damit bisher bei Kritikern aber nur mäßige Begeisterung ausgelöst hat. (red/APA, 10.6.2016)