Ein bisserl russischer Witz muss sein: das psychologische Ballett des Boris Eifman und seiner Compagnie.

Foto: Eifman Ballett

Wien – Den französischen Bildhauer Auguste Rodin als "neoklassizistisch" zu bezeichnen, wie es kürzlich in einer Wiener Wochenzeitung passiert ist, hat etwas Abseitiges an sich. Wie auch immer er heute kunsthistorisch etikettiert wird, eines ist klar: Gerade Rodin markierte die Abwendung von der pathetisch-sterilen neoklassizistischen Plastik und Skulptur.

Wie sich aus der körperanalytischen Kunst und dem Leben dieses Künstlers – ein Kick dabei ist seine Beziehung zu Camille Claudel – ein Ballett für breites Publikum machen lässt, führt am Sonntag und Montag der russische Choreograf Boris Eifman vor. Der demnächst 70-Jährige hat bereits mit dem Wiener Staatsopernballett für das Neujahrskonzert 2004 kooperiert. An der Volksoper zeigte er 2006 seine Anna Karenina und im Vorjahr Giselle Rouge. Nun kommt er erstmals mit seiner eigenen St. Petersburger Compagnie nach Wien. Dafür hat er sich im Burgtheater eingemietet.

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Das ist, wenn man die Mittel dafür hat, eine ziemlich gute Idee. Eifman geht es nämlich bestens. Er hat die Unterstützung des offiziellen Russlands, konnte 2013 eine Tanzakademie eröffnen und ist dabei, seiner Truppe einen "Tanzpalast" zu errichten, der in zwei bis drei Jahren fertig sein soll. Die Aufführung seines Rodin-Stücks von 2011 am Sonntag im Burgtheater hat auch eine politische Symbolik: Am 12. 6. wird der 1994 eingeführte russische Nationalfeiertag begangen.

Listige Ironie

Vielleicht ist das eine Geste für die russische Community in Wien, ziemlich sicher aber blitzt da ein bisserl russischer Witz auf. Denn das bedeutendste Werk von Rodin ist das sogenannte Höllentor – es wird auch im Stück thematisiert -, und wenn man bedenkt, was der Westen dem Land seit Napoleon an Desastern beschert hat und wie Russland nach der Wende abgekanzelt wurde, verdient Eifmans listige Ironie schon Respekt. Putins autoritäre Politik von Medienzensur über Menschenrechtsverletzungen bis hin zu seinen militärischen Eingriffen lässt sich damit natürlich nicht weichzeichnen.

Eifman steht in einer Tradition, die auf Russlands Identität pocht. Nein, er kopiere auf keinen Fall die westliche Ballettästhetik, betont er. Sein "psychologisches Ballett" versteht er als eigenständigen Stil. Und er sagt, wie gern er auch ein Stück über Sigmund Freud gemacht hätte. Aber Freud habe einfach keine interessante Biografie gehabt. (Helmut Ploebst, 10.6.2016)