Die österreichische Strafjustiz hat einen genauen Blick auf die österreichische Banknotendruckerei geworfen. Das Urteil im "Schmiergeldprozess" könnte nun aber gekippt werden.

Foto: AFP / Eric Piermont

Wien – Umfangreiche, komplizierte Lektüre und gute Nachrichten gab es am Freitag für den einstigen Vizegouverneur der Nationalbank, Wolfgang Duchatczek. Die den Obersten Gerichtshof (OGH) beratende Generalprokuratur hat sich mit der Strafsache Gelddruckerei beschäftigt, am Freitag haben die Betroffenen die Stellungnahme (Croquis) erhalten.

Und: Sollte sich der OGH an die Empfehlung der Generalprokuratur halten, würde Duchatczeks Freispruch rechtskräftig. Auch beim zweiten Freispruch im sogenannten Schmiergeldprozess (für einen Gelddruckereimitarbeiter), wäre das der Fall.

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Bei den Schuldsprüchen, die die restlichen Angeklagten wegen Bestechung und/oder Geldwäscherei ausgefasst haben, empfiehlt die Generalprokuratur dem OGH die amtswegige Aufhebung der Urteile – samt Zurückweisung des Verfahrens an die erste Instanz. Auch ein kleiner Teil jener Schuldsprüche, die auf Beihilfe zur Untreue lauten, soll aufgehoben werden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Kurzer Blick zurück, worum es in der Causa geht: Die Nationalbank-Tochter Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruckerei (OeBS) zahlte Provisionen, um Druckaufträge aus Syrien und Aserbaidschan zu bekommen. Zudem wurden den Geschäftspartnern in der Ferne jede Menge Geschenke gemacht – vom Stringtanga über Pokerzubehör bis zu Gucci-Tascherln und Spülbecken.

Breite Anklage

2011 flog all das auf. Angeklagt wurden – neben OeBS, Münze Österreich und zwei Anwälten – zwei Exchefs und eine Managerin der Gelddruckerei (legten Geständnisse ab) sowie OeBS-Aufsichtsratschef Duchatczek. Exgeschäftsführer und Exchef der Münze Österreich sowie vier weitere Angeklagte fassten bedingte Freiheitsstrafen aus. Die des langjährigen Notenbank-Rechnungswesenchefs und späteren OeBS-Chefs, Michael Wolf, wurde rechtskräftig. Freigesprochen wurden übrigens auch die gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz angeklagten Unternehmen.

Aus dem 116-seitigen Croquis, das dem STANDARD vorliegt, erschließt sich, dass die Generalprokuratur empfiehlt, alle Nichtigkeitsbeschwerden (auch jene des Staatsanwalts) zurückzuweisen. Grund für die Empfehlungen der Generalprokuratur sind diverse Feststellungsmängel im Urteil. So sei nicht klar herausgearbeitet, ob die ausländischen Notenbanker, bei denen die Provisionen gelandet sein sollen (gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft noch immer) auch wirklich Amtsträger waren. Das müssen sie sein, sonst gibt es keine Bestechung.

Das Urteil sei aber "technisch sehr schwierig" zu begründen, heißt es vonseiten der Justiz, die Causa "rechtlich anspruchsvoll".

Jede Menge Verfahren

Wie auch immer der OGH entscheidet: Ausgestanden ist die Sache noch lange nicht. Das Finanzstrafverfahren gegen die OeBS läuft gerade (der STANDARD berichtete), zudem sind Zivilklagen anhängig.

Die OeBS hat Duchatczek und Wolf auf Schadenersatz geklagt (800.000 Euro); angeblich will sie die Verfahren nun aber begraben. In einem Fall sei bereits "ewiges Ruhen" vereinbart, im anderen strebe man das an.

Duchatczek wiederum (die Notenbank hat sich nach Ausbruch der OeBS-Causa von ihm getrennt; sie bestreitet seine Ansprüche) hat die OeNB auf seine Abfertigung, Urlaubsersatzleistung und ASVG-Pension geklagt (rund 400.000 Euro). Dieser Prozess ist nach wie vor anhängig. "Die Nationalbank hat sich von Duchatczeks Freispruch enttäuschenderweise unbeeindruckt gezeigt", sagt einer der Anwälte des früheren OeNB-Managers dazu. (Renate Graber, 10.6.2016)