So schön kann der Sternenhimmel ohne Lichtverschmutzung sein. Mittlerweile sind 60 Prozent der Europäer nicht mehr in der Lage, nachts die Milchstraße – wie hier über dem Dinosaur National Monument in den USA – zu sehen.

Foto: Dan Duriscoe

Thiene/Wien – Wo viel Licht ist, ist starker Schatten, lässt Goethe seinen Götz von Berlichingen sagen. In Sachen Lichtverschmutzung zeigen sich die Schattenseiten eher durch einen trüben Blick auf den nächtlichen Himmel. Solche Sichtbehinderungen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme: Über 80 Prozent der Weltbevölkerung leben unter einem mehr oder weniger lichtverschmutzten Himmel, in den USA und Europa sind es 99 Prozent.

Herausgefunden hat das ein internationales Forscherteam um den Italiener Fabio Falchi vom Light Pollution Science and Technology Institute in der italienischen Stadt Thiene, das die aktualisierte Auflage eines globalen Atlas der Lichtverschmutzung vorgelegt hat, der erstmals im Jahr 2001 erschienen war.

Messungen mit dem Satelliten

Die neuen Daten, die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wurden, stammen vom Nasa-Satelliten Suzomi NPP, der 2014 mit einem eigens dafür gebauten Instrument das ins Weltall strahlende Licht der Städte maß. Rund 20 Prozent der gesammelten Daten stammten von Bürgerwissenschaftern aus aller Welt.

Schwerpunkt der Untersuchung waren die G20-Staaten, in denen die Lichtstrahlung an rund 21.000 Punkten gemessen wurde. Darunter haben Deutsche und Inder laut Studie noch die größten Chancen, die Milchstraße von ihrem Wohnort aus zu erkennen. Immerhin bereits ein Drittel der Menschheit und 60 Prozent der Europäer sind wegen der zunehmenden Beleuchtung von Straßen, Plätzen, Häusern und Denkmälern nicht mehr in der Lage, die strahlende Pracht der eigenen Galaxie wahrzunehmen.

In Europa gibt es demnach nur noch wenige richtig dunkle Regionen. Wer sie sucht, findet sie dem Lichtatlas zufolge am ehesten in Schottland, Schweden und Norwegen. Im weltweiten Vergleich sind afrikanische Länder wie Tschad oder Madagaskar am wenigsten lichtverschmutzt. In Singapur und einigen Golfstaaten hingegen sei die Erfahrung einer dunklen Nacht so gut wie völlig verschwunden.

Störung für Tier und Pflanze

Die Lichtverschmutzung stört längst nicht nur Profi- und Amateurastronomen. Einige nachtaktive Tiere sind davon ebenso betroffen wie Pflanzen, die den Wechsel von Tag und Nacht für die Photosynthese benötigten. Das Kunstlicht kann das Pflanzenwachstum behindern und so die Nahrungsgrundlage für viele Tierarten beeinträchtigen.

Einen vermeidbaren Fehler sehen die Wissenschafter in der zunehmenden Verwendung von LED-Leuchten mit kaltweißem Lichtspektrum. Die bläuliche Lichtfärbung würde es erschweren, Sterne am Himmel wahrzunehmen. Das Gegenmittel sei einfach: LED-Leuchten mit orangefarbener Lichttönung. (tasch, 11.6.2016)