Die HDZ hat Premier Tihomir Orešković (links) das Vertrauen entzogen. Nun soll Finanzminister Zdravko Marić (rechts) das Amt übernehmen.

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Zagreb – Die konservative Regierungspartei HDZ hat laut Medienberichten in Kroatien eine Mehrheit von 76 Stimmen der insgesamt 151 Abgeordneten im Parlament gefunden, um eine neue Regierung ohne die Neopartei Most zu formieren. Der bisherige parteiunabhängige Finanzminister Zdravko Marić soll diesen Spekulationen zufolge Premierminister werden. Der Harvard-Absolvent Marić arbeitete vor seiner Zeit als Politiker bei Kroatiens größtem Lebensmittelproduzenten Agrokor. Der Gründer von Agrokor, Ivica Todorić, ist einer der einflussreichsten Geschäftsleute in Mittel- und Südosteuropa.

Die HDZ stellt seit der Wahl im November 59 Abgeordnete. Zur neuen Koalition sollen laut dem Politikanalytiker Davor Gjenero auch die beiden Abgeordneten der Partei des Bürgermeisters von Zagreb, Milan Bandić, und Minderheitenvertreter gehören. Alles andere ist bis dato unklar. "Der HDZ ist nur eine Sache wichtig: dass der Most-Politiker Vlaho Orepić nicht mehr das Innenministerium leitet und das Ressort unter HDZ-Führung kommt", sagt Gjenero.

Gjenero hält den Wunsch der HDZ, die wichtigsten Posten in der Polizei mit eigenen Leuten zu besetzen, für den eigentlichen Grund, warum HDZ-Chef Tomislav Karamarko die Koalition mit Most nach wenigen Monaten platzen ließ. Der Konflikt zwischen der HDZ und Most hatte sich zuletzt zugespitzt, weil Most den Rücktritt von Karamarko als Vizepremier gefordert hatte, nachdem bekannt geworden war, dass dessen Ehefrau, Anna Karamarko, von einem Lobbyisten des ungarischen Erdölkonzerns Mol 60.000 Euro bekommen hatte.

Abstimmung gegen Orešković

Am Mittwoch dürfte – laut Gjenero – im Parlament über den Misstrauensantrag gegen Premier Tihomir Orešković abgestimmt werden. Die HDZ will ihn absetzen, weil auch er den Rücktritt von Karamarko gefordert hatte. In den folgenden Tagen sollen Konsultationen mit Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović über die neue Regierung stattfinden. Karamarko soll nicht mehr Teil der Regierung sein. Die sozialdemokratische Opposition und die Partei Most plädieren indes für Neuwahlen. (Adelheid Wölfl, 13.6.2016)