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Englische Beine, noch sind sie Teil des Turniers.

Foto: Reuters/Keogh

Paris – Der Ausschluss eines Teams aus disziplinarischen Gründen könnte den Turniermodus bei der Fußball-EM durcheinanderbringen. Sollten wie bisher üblich alle Spiele einer suspendierten Mannschaft annulliert werden, blieben in der betroffenen Gruppe nur drei Teams übrig.

Fragen über Fragen

Die Punktbilanz des Dritten könnte dann aber nicht mehr mit den Drittplatzierten der anderen Gruppen verglichen werden, da dieser ein Spiel weniger in die Wertung einbringt. Durch die Aufstockung auf 24 Mannschaften qualifizieren sich bei der EM auch die vier besten Drittplatzierten für das Achtelfinale.

Nach den Krawallen in Marseille hatte das Uefa-Exekutivkomitee den Teams aus Russland und England mit dem EM-Aus gedroht, sollten ihre Fans nochmals negativ in Erscheinung treten.

Eine Reaktion zu den drohenden Moduskomplikationen gab es von der Europäischen Fußball-Union vorerst nicht. Möglicherweise müsste das Emergency Panel der Uefa eine Entscheidung treffen. Eine Lösung könnte sein, dass für die Wertung nur die Spiele unter den drei Erstplatzierten jeder Gruppe herangezogen werden und die Ergebnisse gegen den Tabellenvierten gestrichen werden. Die EM-Regularien sehen eine solche Lösung allerdings bisher nicht vor.

Experte rät von Ausschluss ab

Ein Ausschluss wäre aus Expertensicht für die Hooligans der größte Erfolg. "Das ist ja gerade die Motivation der Hooligans. Das wäre der allergrößte Erfolg für die Hooligangruppen, wenn die sowas hinkriegen würden", sagte Professor Harald Lange, Leiter des Instituts für Fankultur in Würzburg, am Montag.

"Ein Spielverbot wäre für diejenigen, die nur an Krawalle interessiert sind, natürlich das Höchste, was sie erreichen können. Dann fühlen sie sich bestätigt, wir haben Einfluss, wir können die Geschicke lenken und es kaputtmachen", betonte Lange, der jedoch keine dauerhafte Gefahr für die Titelkämpfe erkennen kann.

Nach Ansicht des Fanforschers hatte die Polizei "das Phänomen nicht so auf dem Schirm. Nichtsdestotrotz ist die Infrastruktur an Polizisten, an Ordnungskräften, an Videokräften da, sie steht ja und kann ohne weiteres auch auf Hooligans angewendet werden. Ich gehe davon aus, dass man dieses Problem in den nächsten Tagen vollends in den Griff kriegen wird", sagte Lange.

Besorgte Engländer

Etwas besorgter ist der englische Verband. "Wir behandeln den Brief der Uefa mit allergrößter Ernsthaftigkeit", betonte Generalsekretär Martin Glenn. "Wir verstehen die möglichen Folgen der Aktionen unserer Fans und akzeptieren komplett, dass wir jede Anstrengung unternehmen müssen, dass sie sich verantwortlich und respektvoll verhalten", erklärte Glenn.

Nach den mehrtägigen Ausschreitungen von Marseille könnte es allerdings bereits beim zweiten Gruppenspiel gegen Wales am Donnerstagnachmittag (15 Uhr) in Lens den nächsten brenzligen Zusammenstoß mit russischen Hooligans geben.

Vor der EM hatte die britische Polizei den englischen Fans geraten, nicht zum Spielort zu reisen, wenn sie kein Ticket haben. "Das Stadion hat eine Kapazität von 35.000 Zuschauern, die Fanzone eine von 10.000, und, ohne unhöflich zu sein, es gibt sonst nicht viel in Lens zu tun", sagte Mark Roberts, Chef für Fußball-Angelegenheiten bei der britischen Polizei.

Stattdessen sollten Anhänger ohne Karte lieber ins keine 40 Kilometer entfernte Lille reisen, wo ausgerechnet 24 Stunden zuvor Russland auf die Slowakei trifft. "Vielleicht hätte es einen Problemlöser mit echtem Weitblick gebraucht, um das vorherzusehen", schrieb die "Daily Mail" und kritisierte die Uefa für die Ansetzung des britischen Duells in der kleinsten EM-Stadt mit dem zweitkleinsten EM-Stadion. "Aber es benötigte nicht das allergrößte Gehirn, um festzustellen, dass Lens Probleme haben wird, eine solche Menschenmenge unterzubringen." (APA, 13.6.2016)