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Abnehmer für Holztrümmerln made in USA gesucht.

Foto: DPA/Frank May

Wien – Enviva ist ein Riese in einer Landschaft, in der sich auffallend viele Zwerge tummeln. Das US-Unternehmen, das mit Thomas Meth einen Kogründer aus Österreich mit an Bord hat, stellte zuletzt 2,4 Millionen Tonnen Holzpellets her. Geht es nach der an der New York Stock Exchange notierten Firma, sollen es in Zukunft noch deutlich mehr werden.

Hauptmarkt ist und bleibe Europa. Künftig könnten auch Märkte in Asien sowie der Heimmarkt USA interessant werden, sagte der für Europa zuständige Direktor Ben Moxham im STANDARD-Gespräch.

Moxham war von 2011 bis 2013 Energie- und Umweltberater des britischen Premiers David Cameron. Im Jänner 2015 dockte er bei Enviva an. Vom Büro in London aus nimmt er den europäischen Markt unter die Lupe und versucht, Abnehmer für Holztrümmerln made in USA zu finden.

Lieferant für große Stromerzeuger

Mit Haushaltskunden gibt sich Enviva erst gar nicht ab. "Wir beliefern große Stromerzeuger in Europa, die in ihren Kohlekraftwerken Holzpellets mitverbrennen (Co-Firing; Anm.) oder schon ganz auf Biomasse umgestellt haben", sagte Moxham. Dieser Trend gewinne an Breite, seitdem Kohle gesellschaftlich immer weniger akzeptiert werde.

Der Weltmarkt bei Holzpellets war zuletzt gut 27 Millionen Tonnen schwer, die Wachstumsraten liegen bei durchschnittlich 15 Prozent. Europa stellt um etwa fünf Millionen Tonnen weniger Pellets her, als benötigt werden. Die Lücke wird durch Lieferungen aus Nordamerika und anderen Regionen geschlossen (siehe Grafik). Österreich hat einen leichten Exportüberschuss: An 39 Standorten wurde zuletzt knapp eine Million Tonnen Holzpellets erzeugt, während der Inlandsverbrauch bei rund 850.000 Tonnen lag.

Durch den Mitte 2014 eingesetzten Preisverfall bei fossilen Brennstoffen habe die Branche zweifelsohne mit Gegenwind zu kämpfen, sagte Moxham. Einzig staatliche Programme sicherten das Überleben vieler Hersteller. Moxham glaubt aber fest daran, dass der Gegenwind nachlassen und Rückenwind einsetzen wird.

Grund für seinen Optimismus sieht der Brite nicht zuletzt im Ergebnis der letztjährigen Klimakonferenz in Paris. Demnach will die Staatengemeinschaft geeignete Maßnahmen setzen, den Anstieg der mittleren Temperaturen gegenüber der vorindustriellen Zeit bei unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Verzicht auf Kohle und Öl

Konsequent zu Ende gedacht, bedeute dies einen zwingenden Verzicht auf fossile Brennstoffe. Biomasse sei volatilen Formen wie Sonnen- oder Windenergie insofern überlegen, als ihr Einsatz planbar und das Stromnetz somit stabilisierbar sei. Holz ist im Prinzip nichts anderes als klimaneutral gespeicherte Sonnenenergie: Bei der Verbrennung wird nur so viel Kohlendioxid (CO2) abgegeben, wie der Baum zuvor aufgenommen hat – und wie er auch dann abgeben würde, wenn er einfach im Wald verrottet.

Kritikern, die anmerken, dass die CO2-Bilanz zweifelhaft ist, wenn mehr Holz geschlagen und verbrannt wird, als durch entsprechende Aufforstung nachwächst, antwortet Moxham gelassen. Das sei im Prinzip richtig, sagt er. Enviva verpresse hauptsächlich Sägereststoffe, arbeite mit zertifizierten Lieferanten zusammen und wisse über jede Charge Bescheid.

In Europa, wo derzeit noch 100 Prozent der von Enviva produzierten Pellets landen, ist der britische Kraftwerksbetreiber Drax der größte Abnehmer. Am Standort Selby in North Yorkshire werden knapp acht Prozent des Strombedarfs der Insel produziert. Drei der sechs Kraftwerksblöcke wurden von Kohle- auf Pelletsfeuerung umgestellt, ein vierter soll folgen.

Weil die Transportkosten über den Atlantik nur etwa 20 Prozent der Gesamtkosten ausmachten und der Rohstoff billiger sei als anderswo, könne man zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten, sagte Moxham. Ein siebter Produktionsstandort in den USA von Enviva sei in Planung, ein zweiter Exportterminal auch. (Günther Strobl, 14.6.2016)