Mit wenigen Euro am Tag auskommen: Game "Spent".

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Newsgames, also journalistische Inhalte in Form von Videospielen, sind der nächste große Hype der Medienwelt. Dies prognostizierten Experten bereits vor mehr als sechs Jahren. Seither sind einige bemerkenswerte Newsgames entwickelt worden: In dem Spiel "Spent" erfahren wir, wie es sich anfühlt, mit wenigen Euro am Tag auskommen zu müssen; in "Cutthroat Capitalism" lernen wir das Geschäftsmodell von Piraten im Golf von Aden kennen. Es gibt Spiele, die uns den Bürgerkrieg in Syrien mit seinen zahlreichen Fronten und Konfliktparteien erklären, Spiele, die uns in die Lebensrealität von hungerleidenden Familien in Darfur versetzen, und solche, die den amerikanischen Budgethaushalt anschaulich darstellen.

Mediales Randphänomen

Es ist also viel passiert. Und doch bleiben Newsgames vorerst ein mediales Randphänomen. Für die breite Masse konnte sich diese spielerische, journalistische Darstellungsform noch nicht durchsetzen. "Ich denke, dass Newsgames in ein paar Jahren richtig boomen werden. Schon allein, weil jene, die in ihrem Alltag viel mit Computerspielen zu tun haben, in den Newsrooms Führungspositionen einnehmen werden", sagt Latoya Peterson, die für den Sportsender ESPN arbeitet und dort für die Umsetzung von "The Undefeated" mitverantwortlich ist – einer Plattform, die sich als Schnittstelle von sportlichen, politischen ethnischen Entwicklungen sieht.

Journalistisches Stilmittel

Beim Summit der Global Editors Network in Wien vom 15. bis 17. Juni wird Peterson über die weitere Entwicklung von Newsgames als journalistisches Stilmittel sprechen. Ein Aspekt betrifft die Personalpolitik der Medienhäuser: "Sie werden Leute anstellen, die viel über die Entwicklung von Videospielen wissen und gleichzeitig das Nachrichtengeschäft lieben", sagt Peterson im Vorfeld des Summits.

"Die große Herausforderung wird letztlich darin bestehen, was wir als Journalisten definieren und wie wir unsere Mitarbeiter entsprechend aussuchen." Um Newsgames zu entwickeln, benötigen die Medienhäuser Entwickler, Designer und Journalisten, die zusammenarbeiten. "Künftig werden wir immer mehr Mischformen sehen, also Journalisten-Spielentwickler und Game-Entwickler-Designer. Es gibt dafür kein klares Rezept, sondern funktioniert wie bei einem Hackaton", sagt Peterson. "Wir müssen uns vor der Idee verabschieden, dass Spiele ausschließlich ein junges Publikum ansprechen. Das ist einfach nicht mehr so – entsprechend heterogen muss dein Team sein." (Gunther Müller, 14.6.2016)