Monoklonale Antikörper können schwere allergische Beschwerden zwar lindern, eine maßgeschneiderte Therapie wird es in nächster Zukunft aber nicht geben.

Foto: APA/shutterstock

Wien – Hundert Millionen Europäer leiden an allergischem Schnupfen. Zu einem erheblichen Teil haben sie auch Asthma. Noch immer sind die Krankheitsmechanismen nicht geklärt, sagte der belgische Experte Claus Bachert am Montag beim Europäischen Allergologenkongress EAACI in Wien. Das wäre aber die Voraussetzung für eine Präzisionsmedizin auf diesem Gebiet.

An sich werden die Allergien – so möglich und von den Patienten erwünscht – mittels "Allergieimpfung" schon seit Jahren zielgerichtet, das heißt abhängig von den Substanzen, welche die Symptome auslösen, behandelt. Es gibt "Allergieimpfstoffe" für Gräser- oder Baumpollenallergiker, für Menschen, die auf Insektengift mit einer überschießenden Immunantwort reagieren oder für Hausstaubmilbenallergiker.

Über die dahinter liegenden Krankheitsmechanismen weiß die Wissenschaft allerdings noch relativ wenig. So haben jene Patienten, die schwere allergische Rhinitis aufweisen, auch häufig Polypen in der Nase. Zudem leiden sich oft auch an Asthma. Immunologisch haben die allergischen Reaktionen zwar etwas mit den T-Zellen zu tun, doch die Krankheitsmechanismen sind äußerst komplex.

Interleukin-5 heißt das Problem

So hat ein chinesisches Wissenschafterteam in Gewebe von Nasenpolypen von Allergikern aus den Benelux-Staaten eine sehr hohe Produktion des Immunbotenstoffs Interleukin-5 (IL-5) entdeckt. Noch höher war sie in Gewebe von Patienten aus Adelaide (Australien). In der chinesischen Hauptstadt Beijing und in der chinesischen Stadt Chengdou sahen die Befunde jedoch ganz anders aus.

"Der Grund dafür dürfte nicht in der Genetik liegen, vielleicht in unterschiedlichen Infektionen durch Viren oder Bakterien", so Bachert. Eines ist klar: Ein starke IL-5-Produktion und hohe Werte von Immunglobulin E in Nasenpolypen dürften die Rhinitis antreiben und gleichzeitig auch leichter noch zusätzlich zu Asthma führen.

Mit monoklonalen Antikörpern wird seit längerem versucht, schwere allergische Beschwerden zu lindern. Der monoklonale Antikörper Omalizumab zielt dabei auf das bei Allergikern stärker produzierte Immunglobulin E, die monoklonalen Antikörper Mepolizumab und Reslizumab sollen IL-5 binden. Dupilumab schließlich soll einen Subtyp von Interleukin-4 (IL-4) unschädlich machen. Obwohl diese Medikamente auf unterschiedlichem Weg funktionieren, war der Effekt war bei Rhinitis-Polypen-Patienten in etwa gleich.

Wenig Aussichten auf personalisierte Behandlung

"Wir sind in der Mitte des Weges in die Zukunft", meinte Bachert. Aber bis man zu Therapien gegen die allergische Rhinitis kommt, die wirklich maßgeschneidert für den einzelnen Patienten sind, wird es noch länger dauern. Außerdem haben die bisher vorhandenen Biotech-Medikamente keine wesentlich bessere Wirkung als die herkömmlichen Cortison-Nasensprays.

Seit langem wird auch nach Wegen gesucht, wie man der chronisch-allergischen Rhinitis vorbeugen könnte. Verena Niederberger von der HNO-Universitätsklinik der MedUni Wien im AKH stellte dazu die aktuellsten Studien vor. An sich klingen die Aussichten eher ernüchternd. Wissenschafter haben 1.314 Neugeborene mit zu einem großen Teil auch allergisch vorbelasteten Eltern 20 Jahre lang beobachtet. Bei der vorerst letzten Auswertung blieben noch 941 der Probanden übrig. Mit 20 hatten etwa 50 Prozent der Testpersonen eine chronische Rhinitis.

Bei der Analyse nach 41 verschiedenen möglichen Faktoren, die bei der Entstehung des allergischen Schnupfens beteiligt sein könnten, kristallisierten sich nur zwei eventuell schützende Umstände heraus: Hatten die Mütter in der Schwangerschaft viel Vitamin D zu sich genommen, war die Häufigkeit von Rhinitis bei den Kindern etwas geringer als bei anderen. Ähnliches zeigte sich in einer schwedischen Studie bei einer fischreichen Ernährung (Omega-3-Fettsäuren) der Kinder selbst. (APA, 14.6.2016)