Bart ab? Nein, sagen die Straßburger Richter.

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Straßburg – Ein absolutes Vollbartverbot für Häftlinge ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte "unbenommen der hygienischen und ästhetischen Aspekte" unverhältnismäßig.

Die Richter beurteilten eine solche Regelung als Verstoß gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens. Mit dieser Feststellung gaben die Straßburger Richter am Dienstag einem Mann aus Litauen recht, der von 2006 bis 2009 eine Gefängnisstrafe absaß. In dem fraglichen Gefängnis sind Schnurrbärte erlaubt, Vollbärte hingegen untersagt – unabhängig von deren Länge und Dichte.

Bart Teil der Persönlichkeit

Der Kläger beantragte vergeblich für sich eine Ausnahmeregelung. Der heute 63-Jährige machte unter anderem geltend, der Bart gehöre zu seiner "Persönlichkeit und Identität". Außerdem reagiere seine Haut seit einer Strahlenbehandlung empfindlich auf das Rasieren. Die litauische Justiz wies alle Klagen des Häftlings zurück. Sie verwies auf ärztliche Untersuchungen, nach denen der Mann sich durchaus rasieren konnte.

Der Straßburger Gerichtshof kam hingegen zu dem Schluss, die litauischen Behörden hätten nicht überzeugend nachgewiesen, dass es triftige Gründe für ein absolutes Vollbartverbot in Justizvollzugsanstalten gibt. Das Argument, mit dem Verbot sollten die "Ordnung" im Gefängnis aufrechterhalten und Verbrechen unter den Häftlingen verhindert werden, sei nicht stichhaltig. (APA, 14.6.2016)