Probesitzen in der Hofburg: Alexander Van der Bellen auf Besuch in der Präsidentschaftskanzlei. Jetzt entscheiden die Verfassungsrichter.

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Wien – Am Montag heißt es früh aufstehen für den Rechtsstaat. Jedenfalls für Verfassungsrichter. Diese legen in der Causa Bundespräsidentschaftswahlanfechtung nicht nur einiges an Tempo vor, sondern setzen in dem von der FPÖ angestrengten Verfahren auch auf größtmögliche Transparenz. Von Montag bis Mittwoch wird im Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf der Wiener Freyung öffentlich verhandelt. Ab 8.30 Uhr sollen rund 50 vom VfGH ausgewählte Zeugen aus den Bezirkswahlbehörden aussagen. Eingeladen sind zudem ein Vertreter der Bundeswahlbehörde sowie Vertreter der Kandidaten Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer.

Wenn einer eine Reise macht

Auch eine andere Einladung steht. Trotz der Wahlanfechtung soll Van der Bellen den amtierenden Präsidenten Heinz Fischer auf seiner letzten Auslandsreise nach Slowenien begleiten. Momentan bleibe es dabei, heißt es in der Präsidentschaftskanzlei. Ob die Fahrt aber tatsächlich in dieser Form stattfinden wird, ist dennoch fraglich – bis zum 24. Juni, dem Reisetermin, ist noch Zeit, neue Entwicklungen könnten das Vorhaben doch noch zunichtemachen. Das weiß auch das Team rund um Van der Bellen. Daher gibt man sich vorsichtig: "Stand jetzt ist, dass er daran teilnehmen wird", sagt Wahlkampfmanager Lothar Lockl zum STANDARD.

Bereits vor der öffentlichen Sitzung am Montag sind im VfGH ob des Umfangs der von den Blauen erhobenen Anschuldigungen in der Causa prima alle Höchstrichter in die Vorbereitung des Falles eingebunden.

Die 152 Seiten, die Exjustizminister Dieter Böhmdorfer für die Freiheitlichen eingebracht hat, haben jetzt auch für einige Wahlbeisitzer ein rechtliches Nachspiel. Die Wahlbehörde des Innenministeriums will Anzeige gegen all jene Wahlbeisitzer einbringen, die zunächst die Rechtmäßigkeit der Wahlkartenauszählung schriftlich dokumentiert, danach aber genau das beanstandet hatten – sprich die Beisitzer der FPÖ.

Hier geht es um die Vorwürfe, dass Wahlkarten unter anderem vorzeitig geöffnet oder ausgezählt worden sein sollen. Laut Robert Stein, dem Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, könnten dabei aber auch Beisitzer anderer Parteien im Fall einer strafrechtlichen Würdigung vonseiten der Korruptionsstaatsanwaltschaft belangt werden: "Das steht im Raum."

Bis zu drei Jahre Haft

Bis Dienstagnachmittag lagen bei den Ermittlern bis auf die bereits bekannten Anzeigen betreffend neun Wahlsprengel und neun Wahlbezirke keine weiteren Anzeigen vor. Sollte eine falsche Beurkundung beziehungsweise Beglaubigung gemäß Paragraf 311 des Strafgesetzbuchs vorliegen, drohen laut Staatsanwaltschaft bis zu drei Jahre Haft.

Anwalt Böhmdorfer hat für diesen Fall in der Anfechtung bereits argumentativ vorgesorgt, nämlich: "Sofern die in diesem Schriftsatz dargestellten Rechtswidrigkeiten keine Erwähnung in den Niederschriften der Bezirkswahlbehörden finden, ist diesem Umstand zu entgegnen, dass es nicht auf einen Formalismus der Protokollierung ankommen kann, sondern nur auf die objektive und materielle Wahrheit."

Sollte es tatsächlich zu einer Wiederholung der Stichwahl kommen, stehen beide Kontrahenten vor demselben Problem: Woher das Geld für einen neuerlichen, den dann dritten Wahlkampf nehmen? "Warten wir einmal die Entscheidung der Höchstrichter ab", weicht Lothar Lockl vom Van-der-Bellen-Team aus. Tatsache ist: Üppig war das Budget nie. 2,7 Millionen Euro waren es insgesamt, die Stichwahl war mit nur 550.000 Euro budgetiert. Umgekehrt kam die Blauen ihr Kandidat sehr teuer zu stehen.

Siegessicher

Die FPÖ hat für Hofer mit knapp 3,4 Millionen am meisten Geld für die Kampagne aufgewendet – rund zwei Millionen für den ersten Wahlgang, weitere 1,5 Millionen flossen für die Stichwahl. Mit Spekulationen über eine mögliche Wahlwiederholung ist man jetzt trotz offen zur Schau gestellter Siegessicherheit zurückhaltend. Wie weit die Vorbereitungen bereits gediehen seien? "Wir sind ja nicht die SPÖ", antwortet ein Sprecher auf Anfrage des STANDARD.

Zur Erinnerung: Die Roten hatten bereits vor dem ersten Wahlgang Plakate für die Stichwahl drucken lassen – nicht ahnend, dass ihr Kandidat Rudolf Hundstorfer nicht mehr als 11,3 Prozent der Wähler überzeugen konnte. (Peter Mayr, Karin Riss, 15.6.2016)