Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Auch wenn Fedora nicht die meistgenutzte aller Distributionen sein mag, so kommt ihr doch eine spezielle Rolle in der Linux-Welt zu. Softwarehersteller Red Hat nutzt Fedora als Testfeld für neue Technologien, wer das Neueste vom Neuen ausprobieren will, ist hier deutlich besser aufgehoben als bei prominenteren Alternativen wie Ubuntu. Die Zeiten, in denen die Stabilität des daraus resultierenden Produkts nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, sind zum Glück mittlerweile ebenfalls vorbei, und so ist Fedora in den letzten Jahren auch für eine breitere Masse immer interessanter geworden.

Neue Version

Mit Fedora 24 gibt es nun im gewohnten sechsmonatlichen Rhythmus eine neue Ausgabe der Distribution, und auch dieses Mal können die Entwickler wieder mit einigen zentralen Änderungen aufwarten, die im Folgenden im Detail besprochen werden sollen.

Wenige Tage nach der Release soll Fedora-23-Nutzern das Upgrade auf die neue Version der Linux-Distribution angeboten werden.

Während sich bei der Installation eines frischen Systems praktisch nichts im Vergleich zu früheren Fedora-Ausgaben getan hat, gibt es erfreuliche Änderungen an anderer Stelle. Gibt es nun doch endlich die Möglichkeit, ein Upgrade auf die neueste Version über die grafische Oberfläche vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurde die Softwarezentrale GNOME Software erweitert. Bestehende Nutzer Nutzer von Fedora 23 sollen in den kommenden Tagen per Benachrichtigung das Updates angeboten bekommen. Wer nicht so lange warten will – oder sowieso Kommandozeilentools bevorzugt – kann aber natürlich auch umgehend die system-upgrade-Funktion des Paketmanagementtools DNF in Anspruch nehmen.

Wayland

Einen Schwerpunkt der aktuellen Entwicklung stellt die die Unterstützung des X11-Nachfolgers Wayland dar, und dieser hat mit Fedora 24 denn auch tatsächlich signifikante Fortschritte gemacht. So wird nun Drag & Drop unterstützt, die Startup-Benachrichtigungen von Desktop-Anwendungen funktioniert jetzt korrekt, und auch das nützliche Einfügen mittels des mittleren Mausknopfs klappt mittlerweile. In Summe sehen die Fedora-Entwickler die Wayland-Unterstützung nun erstmals als alltagstauglich an. Dass man sie trotzdem nicht von Haus aus aktiviert, hat einen simplen Grund: Man wolle noch einen Release-Zyklus Raum lassen, um etwaige Fehler aufzuspüren, und so – wenn alles gut geht – mit Fedora 25 dann einen wirklich stabilen Desktop auf Wayland-Basis bieten zu können, heißt es.

Fedora 24 in all seiner Pracht.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Ausprobieren

Wer nicht so lange warten will, kann die Wayland-Sitzung beim Login auswählen. Im Test erweist sich das Versprechen der Fedora-Entwickler als durchaus zutreffend. Im Gegensatz zu früheren Ausgaben sind uns keine größeren Defizite im Vergleich zu einer X11-Session mehr aufgefallen. Einiges – wie etwa die Größenänderung bei Fenstern – läuft sogar deutlich besser. Trotzdem sei nicht verschwiegen, dass bei Wayland noch das eine oder andere Feature fehlt, das einzelnen Nutzern abgehen mag. Dazu gehören der Remote-Desktop-Support sowie diverse Funktionen zur Barrierefreiheit – allen voran eine On-Screen-Tastatur. Auch unterstützen die proprietären Nvidia-Treiber Wayland derzeit noch nicht. Zwar arbeitet Nvidia mittlerweile an einer Änderung dieser Situation, bei der konkreten Implementation gibt es aber noch grundlegende Meinungsverschiedenheiten mit anderen Wayland-Entwicklern.

Desktop

Am Desktop setzt Fedora wie gewohnt auf GNOME und hier auf die aktuellste Version 3.20. Diese bringt eine ganze Reihe von Änderungen, die allerdings an anderer Stelle bereits ausführlich abgehandelt wurden, hier also nur mehr angerissen werden sollen. Der Dateimanager kann mit einer erheblich verbesserten Suche aufwarten, und stellt die Icons von Haus aus nun größer dar. Der Theme-Support des Toolkits GTK+ wurde vollständig neu gestaltet, womit die Anpassung des Looks vereinfacht werden soll. Auch bei der genutzten Schrift (Cantarell) gab es einige Verbesserungen – sowohl in Hinblick auf die Internationalisierung als auch auf die Darstellung (genau genommen das Hinting).

Der Dateimanager des Desktops, einst als "Nautilus" firmierend nun nur mehr schnöde "Files" genannt.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Im Zusammenspiel mit dem NetworkManager 1.2 bietet Fedora 24 eine wichtige Privatsphärenverbesserungen, wird die eigene MAC-Adresse beim Scannen nach WLANs doch nun anonymisiert. Dank der QGnomePlatform sollen künftig automatisch zentrale Einstellungen zwischen GTK/GNOME und Qt/KDE abgeglichen werden. In der aktuellen Release beschränkt sich dies noch auf die Schrifteinstellungen, trotzdem stellt dies für viele User fraglos einen wichtigen Fortschritt dar. In zahlreichen GNOME-Anwendungen gibt es nun eine grafische Überschicht sämtlicher Tastatur-Shortcuts, GNOME Software bietet die Möglichkeit Bewertungen abzugeben und GNOME Documents kann nun mit LibreOffice-Dateien umgehen.

Softwareauswahl

In Fragen Softwareauswahl hat sich bei Fedora 24 im Vergleich zum Vorgänger nichts Grundlegendes getan, das Set an vorinstallierten Anwendungen bleibt also unverändert. Allerdings wurden die diversen Anwendungen natürlich allesamt aktualisiert, so dass nun unter anderem Firefox 47, LibreOffice 5.1.3.2, Shotwell 0.23.1 und Rhythmbox 3.3.1 mitgeliefert werden – zusätzlich zu all den aktuellen GNOME-Programmen.

An der Softwareauswahl wurde für Fedora 24 wenig geändert, aber natürlich wurden alle Anwendungen auf den neusten Stand gebracht.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Als Compiler zur Erstellung der Programme kommt die noch ziemlich neue GCC 6.1.1 zum Einsatz, die zentrale C-Bibliothek glibc ist in der Version 2.23 vorhanden, die generelle Performance-Verbesserungen verspricht. Der Kernel wird noch in der Version 4.5.5 mitgeliefert, wobei bald das Update auf die aktuelle 4.6-Serie folgen sollte. Für Platzersparnisse sorgt die Reorganisation der Sprachpakete.

Server

Jenseits der Workstation-Ausgabe kann Fedora 24 ebenfalls mit einigen Neuerungen aufwarten. So wurde das Server-Image aufgeräumt, um unnötigen Ballast abzuwerfen und so Platz zu sparen. Ein Neuzugang ist FreeIPA 4.3, das Verbesserungen zur Kontrolle von Domänen bietet, Rolekit soll wiederum das Vergeben von Server-Rollen weiter vereinfachen.

Cloud

Bei der Cloud-Ausgabe steht nun OpenShift Origin zur Verfügung, das wiederum auf Kubernetes basiert. Dieses soll vor allem das automatische Deployment sowie die Anwendungsentwicklung vereinfachen. Beim Fedora Atomic Host (einem minimalen Image für den Einsatz von Docker-Containern) ist ein neuer Developer Mode hinzugekommen, der automatisch Cockpit sowie tmux startet und so den Überblick über aktuelle Abläufe erleichtern soll.

Darf natürlich auch beim neuen Fedora nicht fehlen: LibreOffice in seiner aktuellsten Version.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Neben diesen drei Kernausgaben von Fedora 24 gibt es wie gewohnt eine Fülle von Spins mit anderen Desktops wie Plasma/KDE, Xfce, Mate oder Cinnamon.

Download

Fedora 24 kann kostenlos von der Seite des Projekts heruntergeladen werden. Das Workstation-Image ist dabei rund 1,5 GB groß und enthält ein Live-System, das direkt von DVD oder USB-Stick ausprobiert werden kann. (Andreas Proschofsky, 21.6.2016)