Legendäres Roadmovie: "Thelma & Louise".

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"Rainman": Auch die Babbit-Brüder fahren Cabrio.

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Im Wien des 19. Jahrhunderts fuhr der Adel gerne in den Prater. Sehen und gesehen werden. Bei schönem Wetter hinausfahren ins Grüne. Wer Rang und Namen hatte, hatte seinen eigenen Fuhrpark. Schnittige Karossen, Kutschen, mit Pferden bespannte Droschken und Exemplare des zweirädrigen Einspänners, genannt Kabriolett, können Sie in der Wagenburg Schönbrunn bestaunen.

Die Schreibweise Kabriolett ist außer Gebrauch gekommen, und auch die Technik hat inzwischen einen Riesensprung nach vorne gemacht. Während das Kabriolett dem Wortsinn nach über unebene Straßen hüpft, holpert, Sprünge wie ein Bock macht und die Insassen kräftig durchrüttelt, lässt das sportlich-flotte Cabrio (kurz für französisch cabriolet, zu französisch cabrioler und spanisch cabriolar "Luftsprünge machen") nichts mehr von der Wortherkunft erahnen. Im Gegenteil, Fahrkomfort, Federung und ein charmanter Chauffeur verführen so manch kapriziöse, junge Dame (Marke: sprunghaft, launisch und anspruchsvoll), auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Ein Hauch von Luxus! Wenn das Wetter keine Kapriolen schlägt, dann steht einer Ausfahrt nichts im Wege. Und wenn die Kaprizen der Beifahrerin nicht zu ertragen sind oder wenn der Wagen nicht anspringt, dann kann man in englischsprachigen Ländern ein Taxi heranwinken. You might hail a cab. Cab ist die verknappte Form von Cabriolet und wird im modernen Englisch synonym zu "taxi" und "taxicab" verwendet.

In einigen Filmen spielen Cabrios eine wesentliche Rolle. Wer kennt nicht das Roadmovie "Thelma und Louise" (1991), in dem der ganz junge Brad Pitt den Liebhaber von Geena Davis (in der Rolle der Thelma) spielt. Zwei Frauen auf der Flucht in einem Ford Thunderbird-Cabrio. Und vielleicht können Sie auch die Szene in "Rain Man" (1988) abrufen, in der Tom Cruise (als Charlie Babbitt) mit seinen autistischen Bruder Raymond, gespielt von Dustin Hoffman, in einem 1949 Buick Roadmaster-Cabriolet quer durch die USA fährt.

Wir parken das Cabrio mit geschlossenem Verdeck vor einem Bauernhof. Da böckelt’s gewaltig! Gelegenheit, zum etymologischen Ursprung zurückzuspringen. Im Lateinischen hieß der (Ziegen-)Bock caper und die Ziege capra, bezeichnet nach dem, was Ziegen und Böcke den langen lieben Tag tun, nämlich herumspringen und mit einer beneidenswerten Sicherheit steile Felswände bezwingen, dem Namen nach auch auf Capri.

Interessanterweise lebt lateinisch caper bis heute in der Hobagoaß1 fort, und in manchen Bräuchen in Österreich spielt dieses zottelige Wesen noch immer eine Rolle. Caper begegnet uns auch im Tierkreiszeichen "Steinbock" (22. Dezember bis 20. Jänner), lateinisch capricornus (englisch Capricorn, italienisch capricorno, französisch Capricorne).

Das Grimm’sche Wörterbuch listet kapriziös noch nicht auf, obwohl die Übernahme aus dem Französischen schon im 17. Jahrhundert erfolgte. Kapriziös ist jemand, der unberechenbar und launisch ist, sprunghaft eben. Um 1600 kommt das französische Adjektiv capricieux "launisch" (zu caprice "Laune, Kaprize") ins Englische: capricious. Gestützt wird es von italienisch capriccioso und capriccio "Schrulle, Marotte, Laune". Mögen Sie Artischocken, Pilze und Oliven? Dann bestellen Sie eine Pizza Capricciosa!

Achtung! Wir nennen es zwar Seitensprung, wenn er oder sie in einer Partnerschaft fremdgeht. Das Wort Eskapaden hat jedoch gar nichts mit "springen" zu tun, sondern mit "flüchten und weggehen". Wir drücken die "ESC"-Taste (für englisch escape) auf der Laptop-Tastatur links oben, wenn wir aus einer Anwendung aussteigen wollen. Aber wer es nicht schafft, den Computer abzudrehen, sondern völlig in der virtuellen Welt versinkt und sie der realen vorzieht, so gibt es dafür das Wort Eskapismus. Englisch escape, französisch s'échapper, italienisch scappare, spanisch escaparse leiten sich aus Vulgärlatein ex-cappare ab: "die Kappe ablegen bzw. aus dem mantelartigen Umhang (mit Kapuze) schlüpfen und weggehen", also "flüchten".

Wenn schon flüchten, dann wieder zurück nach Italien: "Wenn auf Capri die rote Sonne im Meer versinkt ..." war in den 50er-Jahren ein oft gehörter Schlager. Blättern Sie in einem Burda-Heft dieser Zeit! Caprihosen waren damals der Modehit. (Sonja Winkler, 20.6.2016)