Kroatiens Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hat derzeit eine Regierungskrise in ihrem Land zu lösen.

Foto: imago/Pixsell

Man traf sich am Montag im Niemandsland auf der Donaubrücke bei Erdut: die Präsidentin Kroatiens Kolinda Grabar-Kitarović und Serbiens starker Mann Aleksandar Vučić. Der serbische Premier Vučić war früher radikaler Nationalist, der für die Angliederung "serbischer Gebiete" in Kroatien an das Mutterland kämpfte. Grabar-Kitarović wiederum kommt aus der konservativen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), der man in Serbien die größte Schuld für an Serben begangenen Kriegsverbrechen gibt. Zu dem Treffen gaben beide separate Interviews im heimischen Staatsfernsehen. Sie legten Wert darauf, dass es sich um keine protokollarischen Gespräche handle und man vielmehr den Grundstein für bessere Beziehungen der zwei Staaten legen wolle.

Zuerst besuchten sie die kroatische Stadt Dalj, in der mehrheitlich Serben leben. Im Geburtshaus des bekannten "serbischen" Wissenschafters mit "kroatischer Heimat", Milutin Milanković (1879–1958), betonten die beiden Spitzenpolitiker, dass nationale Minderheiten die Brücke zwischen beiden Staaten sein sollten. Danach ging man nach Subotica in der nördlichen serbischen Provinz Vojvodina, dem Zentrum der kroatischen Minderheit in Serbien. Dort unterzeichneten Grabar-Kitarović und Vučić eine Deklaration über die Förderung gegenseitiger Beziehungen. Sie sieht unter anderem die Verbesserung der Lage der jeweiligen nationalen Minderheit vor und bekennt sich zur Notwendigkeit, offene Grenzfragen zu lösen.

Ungünstiger Zeitpunkt

Obwohl einzelne Politiker und Medien in beiden Staaten von einem "historischen" Treffen reden, ist der Zeitpunkt für einen Durchbruch in den serbisch-kroatischen Beziehungen denkbar schlecht. In Kroatien wurde am Montag das Parlament aufgelöst; in Serbien hat zwar Vučić mit seiner Serbischen Fortschrittspartei (SNS) bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 24. April die absolute Mehrheit gewonnen, zögert aber immer noch mit der Regierungsbildung.

Kroatien wird in Brüssel wachsender Nationalismus vorgeworfen, Vučić sagte neulich Besuche in Brüssel und Washington ab. Man kritisiert seine "zu enge" Bindung an Russland und China. In beiden Ländern wachsen Bürgerproteste.

Jedenfalls haben beide Seiten in Brüssel und Washington durch ihr Treffen politische Punkte gesammelt: Symbolische Gesten im Sinne einer versöhnenden und friedlichen Regionalpolitik sieht man dort gern. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 20.6.2016)