Steyr – Alex Jürgen hat gegen den Bescheid des Standesamts Steyr Beschwerde eingereicht, die Geschlechtsbezeichnung im Geburtenbuch nicht ändern lassen zu können. Nachdem Jürgen als intergeschlechtlicher Mensch geboren wurde, soll auch der Eintrag entweder auf "X" , "anders" oder "inter" berichtigt werden. Voraussichtlich wird nun erstmals in Österreich ein Gericht über die Möglichkeit eines dritten Geschlechts entscheiden.

Weder "männlich" noch "weiblich"

Intergeschlechtliche Personen sind Menschen, die hinsichtlich ihres chromosomalen, gonadalen oder anatomischen Geschlechts von der medizinischen Normvorstellung "männlicher" und "weiblicher" Körper abweichen. Sie sind weder männlich noch weiblich.

Alex Jürgen fühlt sich weder als Mann noch als Frau, hinsichtlich der medizinischen Normvorstellung ist auch der Körper weder männlich noch weiblich. Seit zehn Jahren lebt Jürgen offen als intergeschlechtliche Person. Das sollte auch in den persönlichen Dokumenten richtiggestellt werden. Jürgen beantragte für den Reisepass und den Eintrag im Geburtenbuch eine "wahrheitsentsprechende" Korrektur. Das Standesamt lehnte jedoch die Änderung im Geburtenbuch mit der Begründung ab, dass es per Gesetz nur männlich oder weiblich gebe. Gegen den Bescheid legte Jürgen beim Standesamt Beschwerde ein. Was die Neuausstellung des Reisepasses angeht, ist die Entscheidung noch ausständig.

Europarat empfiehlt Anerkennung eines dritten Geschlechts

"Dieser Gerichtsfall ist der erste seiner Art in Österreich", sagt Helmut Graupner, Rechtsanwalt von Alex Jürgen und Präsident des Rechtskomitees Lambda. Die Entscheidung werde wegweisend für die Rechte intergeschlechtlicher Menschen sein. "Es gibt keinen einzigen Paragrafen in der österreichischen Rechtsordnung, der besagt, dass es nur die beiden Geschlechter gibt." Im Personenstandsregister sei nur vorgeschrieben, dass ein Geschlecht einzutragen sei. Und dieses Feld sei grundsätzlich offen, man müsse also kein Kreuz machen, sondern ein Geschlecht hinschreiben.

Nachdem Graupner nicht davon ausgeht, dass in Steyr der Beschwerde stattgegeben wird, wandert der Fall aller Voraussicht nach zum Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Das wäre zugleich ein Präzedenzfall, Alex Jürgen klagt dann als erste intergeschlechtliche Person in Österreich die Anerkennung eines dritten Geschlechts ein.

Erst im Vorjahr hat der Menschenrechtskommissar des Europarats dazu aufgerufen, bei der Ausstellung von Personenstandsurkunden und Ausweisen die geschlechtliche Selbstbestimmung intergeschlechtlicher Menschen zu respektieren, ihnen insbesondere zu ermöglichen, einen Geschlechtseintrag jenseits von bloß "männlich" oder "weiblich" zu wählen. (APA, red, 21.6.2016)