"Die Generation Y ist anders", sagte Edith Schratzberger-Vecsei. Das zeige sich auch im Berufsfeld der Medizin.

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Wien – Der enorme Konkurrenzkampf von jungen Ärztinnen mit ihren männlichen Kollegen während der Klinikausbildung wird geringer. Die Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Arbeit bleiben aber. Das betonten Vertreterinnen der Organisation der Ärztinnen Österreichs am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Anlass war der bevorstehende Welt-Ärztinnenkongress, der zwischen 28 und 31. Juli in Wien stattfinden soll. Erwartet werden bis zu rund 1.000 Teilnehmerinnen. Der Kongress findet nach 1931 und 1968 zum dritten Mal in Österreich statt. Bei der diesjährigen Veranstaltung werden die "Generation Y", Gewalt und Gendermedizin im Mittelpunkt stehen.

Die richtigen Fragen stellen

Man sei überrascht gewesen, dass das Thema Gewalt derartigen Widerhall mit einer Vielzahl eingereichter Abstracts gefunden habe, sagte Alexandra Ciresa-König Fachärztin für Geburtshilfe an der Universitäts-Frauenklinik in Innsbruck. Andererseits: "35 Prozent der Frauen weltweit durch alle sozialen Schichten und ethnischen Gruppen leiden unter häuslicher Gewalt."

Zu sexueller Gewalt und Gewalt ganz allgemein in der Partnerschaft werde offenbar auch Gewalt gegen alte Menschen und im Rahmen der Flüchtlingsbewegungen immer offenbarer, hieß es vonseiten der Organisatiorinnen. "Frauen auf der Flucht sind besonders von Gewalt bedroht", sagte etwa Edith Schratzberger-Vecsei, Allgemeinmedizinerin und Präsidentin der Organisation der Ärztinnen in Österreich. In vielen Fällen kommt es auf das Verhalten von Ärztinnen und die richtigen Fragen an, um Verdachtsfälle zu enthüllen.

Rund um Globalisierung und die Zunahme an Flüchtlingen kämen auch noch zum Teil enorme Kommunikationsschwierigkeiten hinzu, so Alexandra Ciresa-König, die die Einführung der Möglichkeit zum Zurückgreifen auf einen Video-Dolmetschdienst an ihrer Abteilung als sehr positiv begrüßte. "Es geht um die richtige Frage. Und wir fragen oft gar nicht." Wichtig wäre es jetzt, dass die Sozialversicherung Dolmetschdienste auch in den Arztpraxen ermögliche, sonst gingen alle diese Patienten in die Krankenhäuser. "Spitalsmedizin ist aber teure Medizin", sagte die Ärztin.

Lebensqualität gewinnt an Bedeutung

Ein großes Thema sind auch die gesellschaftlichen Veränderungen in der Ärzteschaft selbst. "Die Generation Y ist anders. Sie ist anders aufgewachsen, sie ist in der Arbeit anders. Es ist die erste Generation, die nicht damit rechnen kann, den Wohlstand der Eltern zu erreichen", sagte Edith Schratzberger-Vecsei.

Gleichzeitig sind die Ansprüche an das Arbeitsleben höher geworden, das gelte auch für die Ausbildung und die Work-Life-Balance. "Wir sind noch alle im Konkurrenzkampf (mit den Männern; Anm.) groß geworden", ergänzte Pia Veronika Vecsei-Marlovits, Chefin der Augenabteilung am Krankenhaus Hietzing in Wien. In Wien seien mittlerweile bereits 30 Prozent der Führungspositionen im KAV mit Frauen besetzt. Bei den Ärzten in Ausbildung, dominieren zu einem guten Teil bereits die Frauen.

Da sich die ärztliche Ausbildung gerade in jenem Lebensalter abspielt, in dem es um Familiengründung geht, ergibt sich für diese Frauen erst Recht die Frage der Balance zwischen Beruf und Privatleben. Der Umstand, dass sich die fertigen Medizinstudenten mittlerweile ihre Ausbildungsstellen aussuchen können, hat auch den an sich guten Effekt, dass sie mehr auf die Lebensqualität achten können. In der Betonung der Work-Life-Balance gibt es zwischen jungen Ärztinnen und Ärzten kaum Unterschiede. Das neue Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte habe sich in diesem Bereich positiv ausgewirkt, hieß es bei der Pressekonferenz. (APA, 21.6.2016)