Vom Girls' Camp bis ins Cockpit eines Hubschraubers: Anders als in anderen Armeen stehen Frauen beim Bundesheer prinzipiell alle Funktionen offen – doch die zieht es bis jetzt kaum zum Militär.

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Doskozils neue Beraterin Irmtraut Karlsson meint, Soldatinnen könnten sich auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise "essentiell" einbringen.

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Heeresminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) beim letzten "Girls Day" in der Maria-Theresien-Kaserne: Er will den Anteil der Soldatinnen beim Militär nun auf zehn Prozent steigern.

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Wien – Mindestens neun zackige Liegestütze, dazu sieben Klimmzüge im Schräghang, saubere wohlgemerkt – und auf Kommando ein 2400-Meter-Lauf unter 13:30 Minuten: Diese sportlichen Mindestanforderungen sind nur einige, die Frauen hierzulande erbringen müssen, ehe sie an eine militärische Karriere denken können. Umgelegt auf den vorgeschriebenen Ausdauertest beim großen Nachbarn ist das erforderliche Lauftempo für angehende Soldatinnen sogar höher als jenes für die männlichen Kameraden bei der deutschen Bundeswehr.

Kein Wunder, dass nicht zuletzt deswegen der Frauenanteil beim Bundesheer bis heute bei 2,6 Prozent dahindümpelt. "Das ist im europäischen Vergleich ein sehr niedriger Wert", findet auch Hans Peter Doskozil (SPÖ) angesichts von 389 Soldatinnen. In einem ersten Schritt hat der Verteidigungsminister, der die Quote "in einen zweistelligen Bereich" bringen und somit auf mindestens zehn Prozent steigern will, im Frühjahr veranlasst, dass alle, die durch die körperliche Eignungsprüfung rasseln, die ausstehenden Leistungen erst im Laufe ihres sechsmonatigen Grundwehrdienstes erbringen müssen – und zwar weibliche Freiwillige wie männliche Bewerber.

Doch obwohl Frauen bei Erfüllung der Kriterien – im Gegensatz zu anderen Armeen – im Bundesheer grundsätzlich alle Funktionen – also von der Panzerfahrerin bis zur Pilotin – offenstehen und für sie längst Mentoring-Programme angelaufen sind, zieht es die unter 35-Jährigen nach wie vor kaum zum Militär. Zum Vergleich: Bei der Bundeswehr, wenn auch ein Berufsheer, stellen die Soldatinnen bereits mehr als zehn Prozent der Truppe.

Um beim schleppenden Frauenanstieg mehr Tempo zu machen, hat Doskozil (" Es geht mir auch darum, dass Frauen beim Bundesheer bleiben") jetzt eine langjährige Parteikollegin zu seiner Beraterin bestellt – und zwar Irmtraut Karlsson (72), einst Vertraute der ersten Frauenministerin Johanna Dohnal (SPÖ) und Mitbegründerin des ersten Frauenhauses in Wien, die sich in den Neunzigern auch als Abgeordnete mit ihrem Engagement gegen Anti-Personen-Minen einen Namen gemacht hat. Über den Sommer wird Karlsson die bisherigen Fördermaßnahmen beim Heer evaluieren und Best-Practice-Beispiele in anderen Staaten sichten – um dann neue Vorschläge zu liefern.

Im STANDARD-Gespräch erklärt sie, dass sie dabei auch "die positive Entwicklung bei der Exekutive" studieren will, denn dort macht der Anteil an Polizistinnen mittlerweile an die vierzehn Prozent aus. Weil das Bundesheer auch in der Flüchtlingskrise recht gefordert ist, findet die Psychologin, dass sich Soldatinnen zum Beispiel auch bei allfälligen Konfliktregelungen gut einbringen können – "und zwar nicht wegen ihres biologischen Geschlechts, sondern wegen ihrer Erziehung". Und: Auch weiblichen Flüchtlingen etwa falle wohl "eine spontane Kontaktaufnahme" mit einer Uniformierten leichter als mit deren männlichen Kollegen. Ebenfalls ein Anliegen von Karlsson: "Dass angesichts der angespannten Arbeitsmarktsituation künftig mehr Frauen eine gute Ausbildung in einem großen Beschäftigungskörper kriegen."

Bis es so weit ist, hält das Heer Mitte September Girls' Camps als Anreizsystem ab – bei den Jägerbataillonen in St. Michael und in Güssing. Dort steht neben exaktem Zeltaufbau auf dem Programm: erstes Hantieren mit dem Sturmgewehr samt Scharfschießen. (Nina Weißensteiner, 23.6.2016)