Illustration der spontanen Entstehung von Elementarteilchen-Paaren aus dem Vakuum.

Foto: IQOQI/Harald Ritsch

Innsbruck – Mit dem Nachweis des Higgs-Teilchens 2012 am Kernforschungszentrum Cern ist das Standardmodell weitgehend bestätigt worden. Allerdings sind einige Aspekte davon noch nicht verstanden – zum Beispiel die spontane Entstehung von Teilchen-Antiteilchen-Paaren im Vakuum: ein Prozess, der Physiker schon seit längerem beschäftigt.

Eine Berechnung auf klassischen Computern gilt aber aufgrund der Komplexität als nahezu unmöglich. Physikern um Rainer Blatt und Peter Zoller von der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist es nun erstmals gelungen, mit einem Quantencomputer diese Entstehung von Teilchenpaaren zu simulieren, berichten sie im Fachjournal "Nature".

Ein neues Feld

"Es existiert schon seit mehreren Jahren die Idee, solche Phänomene auf einem Quantensimulator zu berechnen, da hat sich ein eigenes Wissenschaftsfeld gebildet", erklärte die theoretische Physikerin Christine Muschik, Koautorin der Studie.

Für die Quantensimulation der spontanen Entstehung von Elementarteilchen-Paaren benötigen die Physiker nur vier Ionen. "Wir haben einen Weg gefunden, die elektromagnetischen Felder nicht extra simulieren zu müssen, ihre Wirkung ist in dem Modell aber vorhanden", sagte Muschik. Damit könnten die vorhandenen Ressourcen, nämlich die vier Ionen, extrem effizient genutzt werden. Jeweils zwei Ionen repräsentieren ein Teilchen-Antiteilchen-Paar – konkret ein Elektron und ein Positron.

Zunächst mussten die Wissenschafter dem Quantensystem beibringen, die fundamentalen Naturgesetze zu respektieren. Mit Laserpulsen wurde dann ein elektromagnetisches Feld im Vakuum simuliert. Daraufhin konnten sie beobachten, wie aus der Energie dieses Felds aufgrund von Quantenfluktuationen Teilchenpaare entstanden und sich diese wieder vernichten. Angezeigt wird das durch Aufblinken beziehungsweise Verlöschen von jeweils zwei Ionen.

Brücke zwischen Teilgebieten

Dies wird durch eine Veränderung des Zustands der Ionen, konkret ihres Spins, bewirkt. Je nach Spin der Teilchen blinken sie auf oder nicht. In der Simulation bedeutet das Aufleuchten von zwei Ionen die Entstehung eines Teilchenpaares, ihr Verlöschen deren Vernichtung. "Verändern wir die Bedingungen des Quantensystems, können wir den dynamischen Prozess der Paarbildung mitverfolgen und studieren", so Muschik.

Die Forscher sehen ihr Experiment als "Brücke zwischen zwei Teilgebieten der Physik": Probleme der Hochenergiephysik würden mit Methoden aus der Atomphysik studiert. Für den Peter Zoller "ergänzen sich diese beiden Zugänge perfekt". Es könnten mit Quantensimulatoren zwar die Experimente in Teilchenbeschleunigern wie am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf nicht ersetzt werden, aber möglicherweise ließen sich diese Experimente einmal besser verstehen. (APA, red, 22. 6. 2016)