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Bei Google ist ein Power Nap kein Problem.

Foto: REUTERS/Erin Siegal

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Seit einem Dreivierteljahr können auch Mitarbeiter im Büro von Schönherr hier entspannen...

Foto: Tim Stani / Panorama Photographer

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... oder ein Nickerchen machen.

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Mit einem Griff wird der graue Polstersessel in eine Liege verwandelt, im Eingangsbereich liegen dafür stets Pölster, Decken und Überzüge bereit: Rückzugsorte für ein kurzes Nickerchen im Arbeitsalltag sind bei Unternehmen wie Google und Facebook im Silicon Valley schon ganz normal.

Auch die Rechtsanwaltskanzlei Schönherr im ersten Bezirk in Wien hat seit gut einem Dreivierteljahr einen Raum mit drei Schlafkojen. Diese werden laut Birgit Telsnig, Head of Business Operations, gut angenommen: etwa, um sich zwischendurch einmal kurz hinzulegen oder um nach einem langen Abendtermin für einige Stunden zu rasten, bevor es in der Früh mit Terminen weitergeht. Doch auch als Rückzugsort, um in Ruhe zu lesen und einmal die Füße hochzulegen, eigne sich der Raum.

Wie viel er tatsächlich genutzt wird, lasse sich hauptsächlich an den gebrauchten Überzügen erkennen, die nach dem Nickerchen bei der Tür in einen Wäschesack gesteckt werden können: "Wir haben bereits Decken und Pölster nachbestellt", sagt Telsnig.

Diskreter Zugang

Ziel bei der Planung dieses "Napping-Rooms" war, "kein klassisches Nachtdienstzimmer" zu schaffen: Der Eckraum wurde bewusst gewählt. Er ist in einem ruhigen, äußeren Bereich der Kanzlei gelegen – und der Zugang ist diskret: "Niemand sieht, ob man sich eine kurze Erholungspause gönnt oder in die Bibliothek geht", so Telsnig.

Die einzelnen Schlafkojen sind vom Eingang des Raumes nicht einsehbar, wenn ein Bereich belegt ist, dann weist ein Hinweisschild darauf hin. In jeder Koje ist außerdem ein kleiner Kasten, um Blazer bzw. Sakko knitterfrei aufzuhängen.

Ein bisschen Mut dürfte es schon erfordern, sich mitten im Arbeitsalltag für eine halbe Stunde zurückzuziehen. Wohl auch deshalb hat sich der Trend in Österreich noch nicht durchgesetzt, erklärt Andreas Gnesda vom Beratungsunternehmen teamgnesda.

Keine Nachfrage

Denn hierzulande werde noch immer mehr auf die Arbeitszeit als das Ergebnis geachtet. Nachgefragt wurden Schlafmöglichkeiten für Mitarbeiter bei Gnesda daher bisher noch nie: "Wir bringen das Thema aber immer wieder aufs Tapet."

Der Berater schätzt aber, dass Schlafbereiche in zehn bis 15 Jahren tatsächlich in größerer Zahl in Österreichs Büros Einzug halten könnten – als Teilaspekt eines weitaus größeren Umbruchs: "Dann kommt eine Riesenwelle an Veränderungen. Das wird die Revolution des sinnvollen Arbeitens", ist Gnesda überzeugt.

Andere sind sich bezüglich des Schlafens im Büro nicht so sicher: "Wir haben immer wieder Klienten, die sich Relaxräume wünschen", sagt Bernhard Stolberg, Geschäftsführer des Bürodienstleisters Inter-Pool. "Aber am Ende werden die oft nicht angenommen und schließlich einer anderen Funktion zugeführt."

Denn die gesetzliche Lage sei in Österreich eine andere als im Silicon Valley, wo auf dem riesigen Unternehmenscampus fast alle täglichen Bedürfnisse erfüllt werden: "Mit einer 38-Stunden-Woche ist Schlafen im Büro kein Thema. Bei einer 70-Stunden-Woche ist das natürlich etwas anderes."

Fitnessraum und Fahrräder

"Früher haben sich die Bewerber um ein Unternehmen bemühen müssen, heute ist das umgekehrt", erklärt Telsnig ihren Ansatz. Und dabei spiele das Büro selbst eine wichtige Rolle.

Für Mitarbeiter gibt es bei Schönherr beispielsweise auf insgesamt 6500 Quadratmetern auch ein Fitnessstudio mit Fitnesskursen, eine ruhige Terrasse und mehrere sogenannte "Drop-in-Drop-out-Räume": "Die sind ein bisschen Arbeit und ein bisschen Pleasure und fördern die informelle Kommunikation", so Telsnig. Schnappschüsse von gemeinsamen Unternehmungen des Teams stehen hier neben Fachliteratur, auf den Polstermöbeln werden interne Meetings abgehalten. Und für schnelle Erledigungen können sich Mitarbeiter unten bei der Rezeption jederzeit Fahrräder oder Roller ausborgen.

All das ist durch einen Umzug in ein neues Büro am Schottenring vor zwei Jahren möglich geworden, sagt Telsnig. Vielen anderen Kanzleien in der Innenstadt würde der Platz für ein solches Bürokonzept fehlen.

Erholung als Trend

Und vielleicht auch ein bisschen der Mut: "Schlafen im Büro ist ein sehr polarisierendes Thema", sagt Telsnig – und auch eines, dem jüngere Generationen weitaus offener gegenüberstehen.

Auch wenn es noch ein weiter Weg ist, bis das Nachmittagsschläfchen tatsächlich zum Büroalltag gehört: Das Thema Erholung spielt auch in den Bürowelten von heute schon eine Rolle, sind sich die Experten einig.

Wobei die richtige Entspannungsmethode immer auch eine Frage des persönlichen Geschmacks ist, wie Herbert Zitter von Moocon betont. Die einen freuen sich über einen Massagesessel im Büro – und die anderen über einen Wuzeltisch. (Franziska Zoidl, 29.6.2016)