Starke Mädchen und Frauen können in skandinavischen Ländern auf eine lange Geschichte schauen. Beim Aufstieg in die Chefetage werden sie aber immer noch von Männern ausgebremst.

Foto: Imago / United Archives

Wien – Volvo tut es, H&M tut es, Scania, Ericsson, Ikea und andere schwedische Großkonzerne tun es auch: Sie nehmen teil am sogenannten Battle of the Numbers. Ziel der Schlacht: Die Firmenkultur so gründlich umkrempeln, dass auch Frauen der Aufstieg in die Chefetagen leichter gelingt. Denn selbst wenn es in Schweden gut möglich ist, Kind und Karriere zu vereinbaren: Die gläserne Decke in Unternehmen existiert auch hier. Obwohl die Skandinavier seit fast einem halben Jahrhundert auf Druck von Politikerinnen und Frauenverbänden ein nahezu vorbildliches Rahmenwerk und Quoten im öffentlichen Bereich zustande gebracht haben.

"Das ist keine Gerechtigkeitsfrage"

Laut einer Studie von Deloitte im vergangenen Jahr schaffen es die meisten Frauen in Norwegen in den Vorstand (36,7 Prozent). Schweden bringt es auf 24,4 Prozent. Zum Vergleich: Österreich liegt bei 16 Prozent. Ein Umstand, den es zu ändern gilt, findet Sofia Falk, die auf Einladung der schwedischen Botschaft in Wien referierte, im Gespräch mit dem STANDARD. Schon im Interesse der Unternehmen: "Das ist keine Gerechtigkeitsfrage, sondern ein Business-Thema." Falk ist international preisgekrönte Unternehmensberaterin aus Schweden und Erfinderin des "Battle of the Numbers". Ihre Expertise ist etwa auch bei US-Präsidentschaftswerberin Hillary Clinton gefragt.

Mittlerweile hat sie sich in den Konzernzentralen Gehör verschafft, vor allem in den Old-Boys-Netzwerken, die ihrer Ansicht nach dafür verantwortlich sind, dass sich an den gut gepflegten Männertraditionen nicht allzu schnell etwas ändert. "Sie rekrutieren Menschen, die wie sie aussehen, wie sie denken. Und sie definieren Talent vermutlich so, wie man Talent vor dreißig Jahren definiert hat." Weibliche Führungsqualitäten kämen in den Manuals männlicher Chefs nicht vor.

Erste Fortschritte

Argumente wie höhere Marktanteile, bessere Finanzkennzahlen, mehr Profitabilität stoßen aber auch bei den Kapitänen gestandener Industrieschlachtschiffe nicht auf taube Ohren, sagt Falk. 2008, als sie erstmals anklopfte, sah das deutlich anders aus: "Die Konzerne agieren mittlerweile global. Nicht nur Mitarbeiter, auch viele Kunden sind weiblich. Das kann heute kein Unternehmen mehr ignorieren." Mit ein paar Leitlinien ist es allerdings nicht getan, räumt sie ein: "Man muss alte Strukturen zerstören, neue Regeln aufstellen, neue Prozesse definieren, neue Milieus etablieren – die Firmenkultur muss schlichtweg erneuert werden." Wie das funktioniert? "Wir picken Frauen heraus und machen sie in eigener Sache zu Management-Consultants. Es geht um den Aufbau von Teams, um Kommunikation. Wir involvieren die Mitarbeiter im gesamten Unternehmen. Dann muss das Topmanagement Druck machen, dass Prozesse auch umgesetzt werden."

Für den Umstand, dass Frauen in Russland oder China in der Business-Welt viel schneller den Aufstieg schaffen – ganz ohne Quoten und spezifische Programme –, gibt es laut "Organisations-Hackerin" Falk keine einfache Erklärung: Das sei in jedem Land anders. "Man muss sich dort oft zwischen Familie und Karriere entscheiden. Wir versuchen es so hinzubekommen, dass man beides haben kann." (Regina Bruckner, 27.6.2016)