Lille – Selbstverständlich hat Deutschland die Slowakei nicht auf die leichte Schulter genommen. Deshalb hat Bundestrainer Joachim Löw auch Jerome Boateng, den bisher äußerst souveränen Innenverteidiger, trotz zwickender Wade und trotz Gelb-Vorbelastung aufgeboten. Immerhin hat die Slowakei den Weltmeister vor vier Wochen in Augsburg mit 3:1 bezwungen. Freilich, es war eine wegen Regens grenzwertige Partie und lediglich eine zu Testzwecken.
Wiedersehen am Sonntag in Lille, 19 Grad Celsius, Sonnenschein. Es geht um was im Stade Pierre Mauroy. EM-Achtelfinale. Die Deutschen, Augsburg hin oder her, sind natürlich die Favoriten – die haushohen. Und also machen sie auch von Beginn an das Spiel. In Minute sieben köpfelt Sami Khedira nach einem Freistoß drüber. Es ist bisher nicht das Turnier des Juvenus-Mittelfeldmannes. Aber die nächste Aktion bringt den frühen Führungstreffer. Boateng zieht nach einem Eckball aus mehr als 20 Metern ab: 1:0. Wegen des Toreschießens hatte Löw den 27-Jährigen nicht unbedingt aufgeboten. In seinen 62 Länderspielen davor hatte Boateng noch nie getroffen.
In der 13. Minute reißt Martin Skrtel Mario Gomez am Leiberl – dummerweise im Strafraum. Schiedsrichter Szymon Marciniak aus Polen entscheidet folgerichtig auf Elfmeter. Mesut Özil tritt an, schießt nicht superscharf, halbhoch, rechts. Dort ist der slowakische Keeper Matus Kozacik. Trost für Özil, auch sein Ex-Klubkollege bei Real Madrid, Cristiano Ronaldo, und nicht zuletzt Aleksandar Dragovic haben bei dieser EM schon Elfer vergeben.
Es dauert mehr als 18 Minuten, bis die Slowaken erstmals im Strafraum der Deutschen auftauchen, Manuel Neuer ist aber Herr der Lage.
Einbahnstraßenfußball
Es bleibt beim Einbahnstraßenfußball. 24. Minute: Özil schießt diesmal schärfer und aus größerer Distanz, aber auch knapp vorbei. Julian Draxler, der statt Mario Götze auf der linken Seite agiert, zielt in Minute 39 vorbei. Wenig später die bis dahin gefährlichste Aktion der Slowaken: Peter Pekarik, der trotz Nasenbeinbruchs spielt, flankt auf Juraj Kucka. Dieser bringt den Ball per Schulter gefährlich aufs Tor (41.), aber da ist ja Neuer. Zwei Minuten später sind die slowakischen Viertelfinalträume so gut wie geplatzt. Mario Gomez trifft vom Fünfer (43.) nach pipifeiner Draxler-Vorarbeit zum 2:0. Der Weltmeister ist auf Viertelfinalkurs. Augsburg war ein Ausrutscher. Spätestens jetzt völlig wurscht.
Nach der Pause, die Luft ist ein bisschen draußen, zieht Kucka (49.) halt einmal ab, aber im Tor ist ja Neuer. 63. Minute: Draxler schießt volley aus kurzer Distanz zum 3:0 ein. Das zweite Länderspieltor des Wolfsburg-Mittelfeldlers. Hoch wird der Weltmeister nicht mehr verlieren. 68. Minute, Freistoß Slowakei: Jan Durica schießt gar nicht weit daneben. Es wäre eh nur Kosmetik gewesen. Die Partie hat in der zweiten Hälfte nicht mehr wahnsinnig viel zu bieten. Schon in der Nachspielzeit schießt Kroos zu direkt auf Kozacik. Kurz darauf vergibt noch einmal Kroos, diesmal aus einem Freistoß.
Es bleibt schließlich beim 3:0, Manuel Neuer bleibt ohne Gegentor, Deutschland ist im Viertelfinale, trifft dort am Samstag in Bordeaux auf Italien. Ein Fall für Fußballfeinschmecker. (rie, 26.6.2016)
EM-Achtelfinale, Sonntag
Deutschland – Slowakei 3:0 (2:0)
Lille, Stade Pierre Mauroy, 44.300 Zuschauer, SR Marciniak (POL)
Tore:
1:0 ( 8.) Boateng
2:0 (43.) Gomez
3:0 (63.) Draxler
Deutschland: Neuer – Kimmich, Hummels, Boateng (72. Höwedes), Hector – Khedira (76. Schweinsteiger), Kroos – Müller, Özil, Draxler (72. Podolski) – Gomez
Slowakei: Kozacik – Pekarik, Skrtel, Durica, Gyömber (84. Salata) – Kucka, Hrosovsky, Skriniar, Hamsik, Weiss (46. Gregus) – Duris (64. Sestak)
Anmerkung: Özil scheitert mit Elfmeter an Kozacik (13.).
Gelbe Karten: Kimmich, Hummels bzw. Skrtel, Kucka