Wien – Gemeinsam zückten FPÖ-Vize-Klubchef Walter Rosenkranz und der Grüne Peter Pilz am Montag die Kugelschreiber, um ihre Unterschrift unter das 80-seitige Konvolut zu setzen. Während die beiden so für ihre Fraktionen eine Drittelbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof gegen das Staatsschutzgesetz offiziell machten, versicherte Pilz zu der ungewöhnlichen Allianz: "Das ist eine Notwehrgemeinschaft!" Und Rosenkranz erklärte: "Das hier ist jetzt kein Standesamt."
Wie angedroht, wollen die Oppositionsparteien mit dem Gang zum Höchstgericht das gesamte Gesetzeswerk zu den erweiterten Befugnissen für die Staatsschützer zu Fall bringen, das Rot und Schwarz angesichts steigender Terrorgefahr ausverhandelt haben. Rosenkranz sprach von einem "schlechten Gesetz", Pilz gar von einem "begnadeten Pfusch", weil bei den fraktionsübergreifenden Gesprächen im Parlament im Hintergrund stets Vertreter des Innenministeriums mitgemischt hätten. Am Podium auch vertreten war Christof Tschohl vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, dessen Experten die Beschwerde mit ausgearbeitet haben.
Unübersichtliche Heuhaufen
Konkret stößt sich Pilz daran, dass ab 1. Juli die Verfassungsschützer Bürger schon auf bloßen Verdacht hin ins Visier nehmen können samt ihren Kontaktpersonen – etwa, wenn ihnen zugetraut wird, Hasspostings abzusetzen. Dazu könnten ihre Koordinaten an ausländische Dienste weitergereicht werden. Anstatt potentieller Terroristen gerieten so womöglich auch Fußball-Fans und Tierschützer in die Datenbanken. Pilz’ Fazit: Die Regierungsparteien hätten alles getan, um "die Heuhaufen der Verdächtigen so zu vergrößern, dass man irgendwelche Nadeln darin findet".
Rosenkranz beanstandete den fehlenden Rechtsschutz für Verdächtige, weil statt eines aktiven Richters der Rechtsschutzbeauftragte des Innenressorts mit zwei Stellvertretern über die Ermittlungen wacht. Die FPÖ wolle daher dafür sorgen, dass es nicht in Richtung Polizeistaat und Eingriffe in die Grundrechte gehe.
Spruch wohl erst 2017
Am Verfassungsgerichtshof, wo man derzeit wegen der von der FPÖ angefochtenen Bundespräsidenten-Stichwahl alle Hände voll zu tun hat, ist "derzeit nicht absehbar", wann das Staatsschutzgesetz geprüft wird. Generell dauern Verfahren zu umfangreichen Materien an die acht Monate. (Nina Weißensteiner, 27.6.2016)