24. Juni 2016 – historisches Datum für die Vorarlberger LGBT-Szene.

Foto: Jutta Berger

Bregenz – Die Vorarlberger LGBT-Szene geht nicht gern auf die Straße. Man versteht zu feiern, mittlerweile geht das auch ungestört. Politische Kundgebungen aber waren bisher rar. Kein Wunder, offenes politisches Engagement gegen Diskriminierung führte in Vorarlberg lange Zeit zu gesellschaftlicher Ächtung.

Wer in den 1980er- und 1990er-Jahren wagte, Veranstaltungen zu organisieren und damit die Szene und deren Probleme sichtbar zu machen, lernte die schwarze Macht kennen. Bekennende Homophobe gab es genügende unter Kommunal- und Landespolitikern und katholischen Würdenträgern. Homosexualität war für sie eine Krankheit, Schwule waren eine Gefahr für die Gesunden.

Homophobe Politik

So wurden öffentliche Veranstaltungsräume nicht an Homosexuellenvereinigungen vermietet. Was man nicht verbieten konnte, wollte man wenigstens ver- oder behindern. 1996 verweigerte der Dornbirner Bürgermeister Rudi Sohm (ÖVP) dem Österreichischen Lesben- und Schwulenforum das städtische Kulturhaus für den bundesweiten Kongress. Noch 2012 mussten sich die Veranstalter des ersten Pride-Lake-Festivals mit der Bregenzer Stadtverwaltung herumplagen, die ihnen Extraauflagen servierte.

Gleiches Eherecht für alle war unter der Regierung Sausgruber ein No-Go. Ein Relikt dieser Zeit ist, dass feierliche Trauungsräume Heteros vorbehalten bleiben. Christopher Street Day, Pride oder Regenbogenparade – Veranstaltungen, die seit 1970 in New York, seit Ende der 1970er-Jahre in Deutschland und seit 1996 in Wien als jährliches Zeichen gegen Verfolgung und Diskriminierung gängiger Brauch sind –, waren in Vorarlberg denkunmöglich.

Die Jungen schaffen es

Bis 24. Juni 2016. Da gelang es jungen Menschen doch glatt, die erste Regenbogenparade auf die Straße zu bringen. Rund 250 vorwiegend junge Menschen gingen an diesem Freitag mit Regenbogenfahnen und bunten Fächern auf die Straße. "All different, all equal." Die meist jugendlichen Rednerinnen und Redner wandten sich gegen Gewalt, gegen strukturelle Diskriminierung, sprachen sich für gleiches Ehe- und Adoptionsrecht aus.

Organisiert wurde die Regenbogenparade von Schülerinnen und Schülern der Aktion Kritischer Schüler, von jungen Grünen, feministischen Mädchen von Amazone, unterstützt von Szeneorganisationen, der Aidshilfe, den Grünen und der SPÖ. Dreinreden ließen sich die Parademacherinnen und -macher von den Parteiprofis nicht.

Mitreden durften die Politiker dann bei der Schlusskundgebung vor dem Kunsthaus. Die Grünen schickten drei Landtagsabgeordnete, SPÖ-Promis blieben aus, sie waren anscheinend schon auf dem Weg zum Bundesparteitag. Andere Parteien wagten sich nicht unter den Regenbogen. Bei der nächsten Parade erhoffe man sich die Anwesenheit von Landeshauptmann und/oder Bürgermeister, sagte einer der Redner.

Man wird sehen. Nächstes Jahr wäre immerhin schon 2017. (Jutta Berger, 27.6.2016)