Bild nicht mehr verfügbar.

Die sibirische Vegetation hinkt jener anderer Regionen um Jahrtausende hinterher.

Foto: REUTERS/Ilya Naymushin

Köln – Die Permafrostregionen in der Arktis gehören zu den Gebieten der Erde, die sich im Zuge des Klimawandels besonders schnell erwärmen. Dennoch beobachten Biologen derzeit nur ein minimales Anpassungsverhalten der Baumvegetation: Dort, wo gemessen an der Lufttemperatur längst Kiefern- und Fichtenwälder wachsen müssten, gedeihen noch immer sibirische Lärchen.

Der Ursache dieses Paradoxons sind nun Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Potsdam und der Universität zu Köln auf die Spur gekommen. Wie sie in "Nature Communications" berichten, gab in der Vergangenheit stets der Kältegrad einer Eiszeit den Ausschlag dafür, wie schnell sich im Anschluss die Vegetation an wärmeres Klima anpasste. Die Konsequenz: Weil die letzte Kaltzeit bis vor etwa 10.000 Jahre ausgesprochen kalt war, hat sich die heutige Vegetation noch immer nicht vollständig an die aktuellen Klimabedingungen angepasst.

Langsame Anpassung

Um diese Zusammenhänge zu entschlüsseln, mussten die Forscher 3,5 bis 2,1 Millionen Jahre weit in die Erdgeschichte zurückgehen, bis zum Übergang zwischen den Erdzeitaltern Pliozän und Pleistozän. Das ist für die Arktis erst möglich, seit im Jahr 2009 ein entsprechend weit reichender Sedimentkern aus dem Elgygytgyn-See in der russischen Arktis gewonnen werden konnte.

Die seither durchgeführten Untersuchungen der in den Sedimenten überlieferten Pollen erlauben nun erstmals, die Vegetationsgeschichte in der Region detailliert nachzuzeichnen und mit rekonstruierten Klimawerten für die Warm- und Kaltzeiten zu jener Zeit abzugleichen. Dabei zeigen statistische Analysen ein deutliches Muster, sagt Ulrike Herzschuh vom AWI: "Unser Datenabgleich zeigt, dass die Vegetation in der Vergangenheit bei einem Wechsel von einer Kalt- zu einer Warmzeit bis zu mehrere tausend Jahre brauchte, um sich an Klimaveränderungen anzupassen."

Der Blick in die Vergangenheit zeige: Je kälter die vorangegangene Kaltzeit war, desto länger brauchte die Pflanzenwelt im Anschluss, um sich an das Klima der Warmzeit anzupassen. Als Hauptursache dafür sehen die Forscher den Permafrostboden in der Arktis, der nach einer besonders kalten Phase verzögert auftaut. "Die neuen Erkenntnisse sind auch von Relevanz für Vorhersagen der zukünftigen Entwicklung in der Arktis", sagt Martin Melles von der Universität zu Köln. "Sie sollten zukünftig in Klimamodellen berücksichtigt werden, um die daraus abgeleiteten Prognosen weiter zu verbessern." (red, 27. 6. 2016)