Gut is' g'angen, nix is' g'schehn! Nachdem offenbar tausende Schüler die schriftliche Matura verpatzt hatten, haben die sogenannten Kompensationsprüfungen die Ergebnisse dahingehend korrigiert, dass etwa in Mathematik nur jeder 14. Kandidat durchgefallen ist. Das ist gut für die Statistik und noch besser für die jungen Leute, denen quasi im zweiten Anlauf die Hochschulreife bestätigt worden ist.

Dennoch kann man nach den Ergebnissen der Zentralmatura nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Zu unterschiedlich sind die Ergebnisse, die die Bundesländer-Auswertung zeigt: Wenn etwa an Tiroler BHS 7,4 Prozent der Angetretenen eine negative Note auf die Englisch-Klausurarbeit bekommen, im benachbarten Vorarlberg aber bei völlig identischer Aufgabenstellung gleich 16,2 Prozent so schlecht abgeschnitten haben, dann muss es schon ganz auffällige lokale Besonderheiten geben. Welche das sind, will das Unterrichtsministerium nicht sagen. Die Ministerin will nicht einzelne Schulen schlechtmachen.

Genauer hinzusehen wird aber notwendig sein. Die Experten reden ja gerne von "unterschiedlichen Lernstrategien". Offenbar kommen dazu auch unterschiedliche Lehrstrategien – jahrzehntelang wurde ja eine gewisse Autonomie der einzelnen Schulstandorte (mit durchaus interessanten Schwerpunkten) forciert. Da darf es dann nicht verwundern, dass die Ergebnisse bei standardisierten Tests auch eine gewisse Streuung zeigen. Ob diese so groß sein darf – oder sogar so groß sein soll – wie bei der Lösung der schriftlichen Maturaaufgaben, wird einer eigenen Diskussion bedürfen. Dahinter steckt nämlich auch die Frage, die sich schon bei den Pisa-Tests für die 15-jährigen Schüler stellt: Wofür lernen wir eigentlich – für die Bewältigung des Lebens oder für das Bestehen standardisierter Tests?

Diese Frage stellten Eltern- und Schülervertreter ebenfalls, als die ersten Statistiken der heurigen Zentralmatura veröffentlicht worden waren. Ihr Vorschlag, nur einen Teil der Klausuraufgaben bundesweit einheitlich zu stellen und zu bewerten, einen mehr oder weniger gewichtigen Teil aber am Schulstandort, widerspricht jedoch dem Grundgedanken einer zentralen Matura. Auch wenn dabei zunächst viele negative Noten vergeben werden, kann durch die mündliche Prüfung sehr vieles ausgeglichen werden.

Für die meisten Kandidaten heißt es daher auf gut Österreichisch: Gut is' g'angen, nix is' g'schehn. (Conrad Seidl, 27.6.2016)