Giorgio Chiellini bugsiert den Ball ins Tor, die Spanier sehen ihre Titelverteidigungshoffnungen davonschwimmen.

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Graziano Pelle vollstreckt und erzielt somit die endgültige Entscheidung.

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Vicente del Bosque wusste sich gegen groß aufspielende Italiener nicht zu helfen, seine Spieler taten es ihm gleich.

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Italien feiert. Spanien nicht.

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Saint-Denis – Die Nemesis ist keine mehr, Italien hat sein Spanien-Trauma überwunden. Nach einer Elfmeter-Niederlage im Viertelfinale der EM 2008 und der 0:4-Finaldemütigung bei der EM 2012 ging die Squadra Azzurra diesmal als Sieger vom Platz.

Das erste finalwürdige Spiel der EM wurde zum Duell zwischen italienischer Taktik und spanischer Fußballkunst stilisiert. Dass auch die Italiener zur gehobenen Kicker-Klasse gehören und die Spanier strategisch keineswegs nackt daherkommen – geschenkt.

Also sei gesagt: Teamchef Antonio Conte ließ im 3-5-2 spielen. Dem häufigen Missverständnis, taktische Hochkultur gleiche einer defensiven Einstellung, widersprach die Squadra Azzurra vom Anpfiff an, fand in den ersten Minuten bereits Halbchancen vor. Spaniens Defensive schwamm nicht nur wegen des strömenden Regens. Acht Minuten gespielt, Pellè zwang De Gea per Kopf zu einer Glanzparade. Wenig später lenkte der Torwart einen Giaccherini-Fallrückzieher an die Stange, die Aktion war wegen gefährlichen Spiels aber schon abgepfiffen. Die iberischen Versuche waren zaghafter, auch wegen besser organisierter Gegenwehr.

Mit dem Schienbein zum 1:0

Mit dem Regen verabschiedete sich nach einer Viertelstunde auch die italienische Überlegenheit. Die nächste Topchance gehörte ihnen trotzdem, Parolos Kopfball fehlte die Präzision (25.). Buffon musste sich bei einem Fabregas-Roller erstmals nicht bemühen. Im Gegenzug schockierte Ramos die spanischen Fans mit einem Querschläger am eigenen Tor vorbei. Die 33. Minute: Piqué legte Pellè, Freistoß 20 Meter vor dem Tor. De Gea ließ Éders wuchtigen, aber unplatzierten Freistoß abprallen, vom heranstürzenden Giaccherini kam der Ball zu Chiellini und der sorgte per Schienbein für das verdiente 1:0.

Spanien war danach bemühter, blieb aber harmlos. Italiens Konter waren da schon gefährlicher, De Gea machte sein Missgeschick bei Giaccherinis wohlplatziertem Schuss wieder gut (45.). Del Bosque ließ Aduriz zur Pause den verwarnten Nolito ersetzen.Spanisches StrohfeuerAus heiterem Himmel die erste spanische Großchance: Morata riss De Sciglio bei einer Flanke um, stand so völlig frei – und köpfte aus wenigen Metern exakt in Buffons Hände. Kurz bekamen die Iberer Oberwasser. Conte reagierte, brachte Motta statt De Rossi. Und musste mit ansehen, wie Éder das 2:0 liegen ließ: Alleine auf De Gea zulaufend brachte der Stürmer den Ball nicht im Tor unter.

Andere Seite: Juanfran flankte, Aduriz köpfte drüber, geriet in Schieflage und landete hart auf dem Boden (57.). Piqué unterbrach einen vielversprechenden Italien-Konter per Bodycheck, Referee Cakir ließ weiterlaufen.Spanien hatte mehr vom Spiel, die besseren Chancen gehörten weiter den azurblauen Dressen. Da diese fruchtlos blieben, war der spanische Ausgleich in Reichweite, Aduriz‘ Schuss verpasste ihn aus Mangel an Zielwasser (70.). Buffons Faust rettete bei einer Flanke, Ramos köpfte vorbei (71.).

Spätes Aufbäumen und der Sargnagel

Spaniens Schlagzahl stieg, rund zwanzig Minuten vor Schluss entstand endgültig das Bild, das man von einem spanischen Nationalteam kennt. Italien steckte in der Defensive fest, Iniesta und Co. suchten unermüdlich aber vergebens die Lücke. Da ist es gut, wenn man sich auf einen Altmeister namens Buffon verlassen kann: gegen Piqués Schuss aus der Distanz, gegen Piqués Schuss aus vier Metern, gegen alles. So konterte sich Italien in der Nachspielzeit in Person von Pellè gar noch zum 2:0. Motta holte sich im Finish noch eine Verwarnung ab, damit ist der Ersatzspieler für das Viertelfinale gegen Deutschland am Samstag (21 Uhr in Bordeaux) gesperrt. (masc, 27.6.2016)

EM-Achtelfinale, Montag

Italien – Spanien 2:0 (1:0)
St. Denis, Stade de France, 76.200 Zuschauer, SR Cüneyt Cakir (TUR)

Tore:
1:0 (33.) Chiellini
2:0 (91.) Pelle

Italien: Buffon – Barzagli, Bonucci, Chiellini – Florenzi (84. Darmian), Parolo, De Rossi (54. Motta) , Giaccherini, De Sciglio – Eder (82. Insigne), Pelle

Spanien: De Gea – Juanfran, Pique, Ramos, Alba – Fabregas, Busquets, Iniesta – Silva, Morata (70. Vazquez), Nolito (46. Aduriz, 81. Pedro)

Gelbe Karten: De Sciglio, Pelle, Motta bzw. Nolito, Busquets, Silva