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Gina-Lisa Lohfink bei ihrer Ankunft zum Prozess am Montag.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Berlin – Der Prozess um die angebliche Vergewaltigung des Models Gina-Lisa Lohfink ist am Montag von Protesten und Konfrontationen zwischen Lohfinks Verteidigern und der Vorsitzenden Richterin überschattet worden. Lohfinks Anwälte stellten am dritten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten gleich mehrere Ablehnungsanträge gegen Richterin Antje Ebner wegen Befangenheit.

"Es war ein ekliges Gefühl", sagte die Angeklagte über das Wiedersehen mit einem ihrer angeblichen Vergewaltiger, einem als Zeugen verhörten Fußballer. Der 28-Jährige sowie Lohfinks frühere Managerin Alexandra Sinner wurden zur Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2012 befragt, einem Samstag, an dem Lohfink nach eigenen Angaben von dem 28-Jährigen und einem Nachtclubangestellten vergewaltigt wurde.

24.000 Euro Strafe

Die Staatsanwaltschaft hält die Vorwürfe für frei erfunden und hat deshalb ein Strafgeld von 24.000 Euro wegen falscher Verdächtigungen beantragt. Weil Lohfink die Zahlung ablehnte, muss nun in der Hauptverhandlung geklärt werden, was wirklich in der Nacht passiert ist.

Dabei stützen sich beide Seiten auf ein vielfach im Internet verbreitetes Video von dem Geschlechtsverkehr. Auf diesem ist zu hören, wie Lohfink unter anderem "Hör auf, hör auf" und "Nein, nein, nein" sagt. Dem 28-Jährigen zufolge bezogen sich die Äußerungen auf die Videoaufnahmen.

Debatte um Strafrecht

Die durch die Castingshow "Germany's Next Topmodel" bekannt gewordene Lohfink ist überzeugt, dass ihre Trunkenheit ausgenutzt und sie mit K.-o.-Tropfen manipuliert wurde. Sie betrachtet ihre im Video festgehaltenen Äußerungen als Beweis, sich gegen den Sex gewehrt zu haben.

Der Fall Lohfink hatte die derzeit debattierte Reform des Sexualstrafrechts angestoßen, der zufolge körperliche Gegenwehr nicht Bestandteil einer Vergewaltigung sein muss. "Nach der Reform des Sexualstrafrechts wird es so einen Prozess nicht mehr geben", sagte Verteidiger Burkhard Benecke am Ende des Verhandlungstags.

Tumulte im Gericht

Er und Lohfink bedankten sich bei den mehreren Dutzend Unterstützern, die vor dem Amtsgericht mit dem Slogan "Nein heißt nein, du bist nicht allein" demonstrierten. Im Gericht kam es zu Tumulten, als der Fußballer den Saal verließ und ihn eine obenherum entblößte Femen-Aktivistin kreischend als "Schwein" beschimpfte.

Zuvor hatte der für einen Fußballklub in Aserbaidschan spielende Profi Lohfinks Vorwürfe umfassend bestritten. "Mir haben die Videos mehr geschadet als der Angeklagten", sagte er. Während Lohfink nach Bekanntwerden der Videos zum Gesicht der Berliner Erotikmesse Venus geworden sei, habe seine Karriere erheblich gelitten.

Sex auch nach angeblicher Vergewaltigung

Lohfink weinte während der Befragung und musste den Saal zwischenzeitlich verlassen. Der 28-Jährige berichtete, dass er sowohl in der Nacht vor als auch in der Nacht nach der angeblichen Vergewaltigung mit Lohfink geschlafen habe.

Zugleich widersprach sich der Berliner mehrmals bei seinen Angaben zu seinem angeblich losen Verhältnis zu dem Nachtclubmitarbeiter. Lohfinks Verteidiger kündigten an, Beweise vorzulegen, dass die beiden gemeinsam mit "zahlreichen Prostituierten" geschlafen hätten.

Widersprüche

Allerdings warf auch das Verhalten der Angeklagten Fragen auf – unter anderem, weshalb sie auch die Folgenacht mit dem 28-Jährigen verbrachte und warum in der wenige Tage später erstellten Anzeige gegen die Verbreitung der Sexvideos noch von "einvernehmlichem" Geschlechtsverkehr die Rede war.

Als die Richterin die Öffentlichkeit nicht von der Sichtung der Sexaufnahmen ausschließen, sondern lediglich den Bildschirm von den Zuschauern abwenden wollte, kam es zum Eklat: "Ich glaube, es hackt", brüllte Lohfinks Anwalt Christian Simonis und stürmte mit Benecke und dem Model aus dem Saal, ohne dass Richterin Ebner den Prozess unterbrochen hatte.

Wegen der ständigen Auseinandersetzungen zwischen Ebner und der Verteidigung konnten die Videos nicht gesichtet und die Beweisaufnahme nicht abgeschlossen werden. Zudem muss ein Schöffengericht über die Befangenheitsanträge befinden. Der Prozess gegen Lohfink soll am 8. August fortgesetzt werden. Mehr als vier Jahre nach der angeblichen Vergewaltigung ist ein Urteil noch nicht absehbar. (APA, 27.6.2016)