Eine Kamera, fertig für die Injektion.

Foto: Universität Stuttgart

Die winzigen optischen Bauteile könnten auch ihren Weg in neuartige Überwachungssysteme finden.

Foto: Universität Stuttgart/Gissibl

Die von Stuttgarter Forschern entwickelte weltweit kleinste Kamera könnte die Zukunft der Medizin revolutionieren – aber auch die der geheimen Überwachung. Mittels 3D-Drucker bauten die Wissenschafter eine Drei-Linsen-Kamera, die sie am Ende einer zwei Haare breiten optischen Faser befestigten.

Freilich unterscheidet sich die Anlage der Stattgarter Wissenschafter erheblich von herkömmlichen 3D-Druckern. Bei diesem Verfahren wird ein Femtosekundenlaser, der eine Pulsdauer von weniger als 100 Femtosekunden besitzt, mithilfe eines Mikroskops in einen flüssigen Fotolack fokussiert, der vorher zum Beispiel auf einem Glasplättchen oder auf einer Glasfaser aufgebracht wurde. Zwei Photonen des roten Laserstrahls mit der Wellenlänge 785 nm werden im Brennpunkt gleichzeitig absorbiert und belichten ihn. Dadurch härtet der Fotolack.

Nach der Belichtung wird der unbelichtete Fotolack mithilfe eines Lösungsmittels weggewaschen, und nur das gehärtete, durchsichtige Polymer bleibt zurück und bildet das optische Element. Dadurch lassen sich mit einer Submikrometer-Genauigkeit optische Freiformflächen herstellen. Die große Präzision erlaubt, nicht nur die üblichen kugelförmigen Linsen herzustellen, sondern auch die idealeren Flächen wie Paraboloide oder sogar Asphären höherer Ordnung. Gerade auch mehrlinsige Objektive, die geeignet sind, um Abbildungen mit höchster Qualität zu erhalten, werden durch dieses Verfahren erstmals möglich.

In der am Montag erschienenen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Photonics" beschreibt das Team um Timo Gissibl und Harald Giessen von der Universität Stuttgart, wie sich die so fabrizierte Nanokamera mit einer normalen Spritze in menschliche Organe oder ins Gehirn injizieren lässt. Auch in so gut wie unsichtbare Sicherheitsanlagen lässt sich die Kamera einbauen oder in Miniroboter mit "autonomer Sicht".

Scharfe Bilder

Die zusammengesetzte Linse ist 0,1 Millimeter breit, mit Gehäuse ganze 120 Mikrometer. Sie liefert scharfe Bilder auf eine Entfernung von drei Millimeter über eine 1,7 Meter lange optische Faser. "Endoskopische Anwendungen sind geeignet für nicht-invasive und nicht-zerstörerische Untersuchungen kleiner Objekte im medizinischen wie im industriellen Bereich", erklären die Wissenschafter. (APA, red, 28.6.2016)