Potenziell suizidgefährdete Nutzer erhalten nach Meldung durch eine befreundete Person bei ihrem nächsten Login ein Menü mit Hilfestellungen.

Screenshot: Facebook

Schon länger arbeitet das soziale Netzwerk Facebook an Hilfsmitteln, mit denen User Freunde auf der Plattform unterstützen können, wenn sie vermuten, dass diese Suizid begehen könnten. Nach einem Testlauf in kleinerem Rahmen hat das Unternehmen sein Hilfswerkzeug nun weiter ausgebaut.

Englischsprachige Nutzer können nun Postings von Freunden, die auf suizidale Tendenzen schließen lassen, markieren. Die Einträge werden anschließend von einem eigenen Team bei Facebooks "Global Operations" gesichtet, das spezielles Training erhalten hat. Kommt man dort ebenfalls zur Ansicht, dass die Verfasserin oder der Verfasser gefährdet ist, stellt man digitale Hilfsmittel zur Verfügung.

Hilfsmittel

Die meldende Person erhält den Vorschlag, der potenziell gefährdeten Person eine Direktnachricht zu schreiben, wobei ein vorformulierter Text verwendet werden kann. Alternativ ist es auch möglich, sich an einen gemeinsamen Freund auf der Plattform zu wenden, um gemeinsam weitere Schritte zu setzen.

Die Person mit den vermuteten suizidalen Tendenzen wiederum sieht bei ihrem nächsten Login ebenfalls ein eigenes Menü. Dieses informiert sie, dass jemand anderer vermute, dass es ihr gerade schlecht ginge. Man bietet eine Sammlung an Ratschlägen, direkte Kontaktaufnahme mit einem Freund als auch Verbindung zu einer Helpline für Suizidprävention an, fasst die New York Times zusammen.

Schmaler Grat

"Die Leute wollen oft helfen, aber wissen nicht genau, was sie sagen oder tun können", wird Vanessa Callison-Burch, Produktmanagerin bei Facebook zitiert. Die neuen Werkzeuge sollen ein Einschreiten erleichtern. Schon in der Vergangenheit hat das Netzwerk ähnliche Maßnahmen in verschiedenen Ländern in Zusammenarbeit mit Organisationen aus dem Bereich der Suizidprävention erprobt. Auch bei den aktuellen Bemühungen arbeitet man mit professionellen Helfern zusammen.

Für das Unternehmen ist das setzen von derlei Maßnahmen allerdings auch heikel. Es bewege sich "auf einem schmalen Grat", erklärt dazu Jennifer Stuber, Professorin an der University of Washington und führende Mitarbeiterin beim Präventionsnetzwerk Forefront. Facebook gehe es auch darum, trotz solcher Tools nicht als "Big Brother" wahrgenommen zu werden, der Nutzerpostings überwacht.

USA: Suizide auf 30-Jahres-Hoch

Der Konzern selbst sieht sich als wichtigen Mittelsmann, zumal man eine wichtige Rolle in der Vernetzung von vielen Familien und Freunden spielt. Eigene Untersuchungen zeigen, dass Beiträge, in denen sich negative Emotionen widerspiegeln längere und mitfühlendere Kommentare erhalten.

Der Hintergrund dieser Maßnahmen ist, besonders im US-Bezug, sehr ernst. Die Suizidrate in den Vereinigten Staaten befindet sich auf einem 30-Jahres-Hoch. 13 von 100.000 Todesfällen sind auf Selbsttötung zurückzuführen – mehr als etwa bei Brustkrebs, Autounfälle oder Tötungsdelikte. (gpi, 28.06.2016)