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Der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt hat eine Wiederholung des Brexit-Referendums verlangt. Offenbar in der nicht unbegründeten Hoffnung, dass der Schock nach dem unerwarteten Ausgang der EU-Abstimmung für eine Revision sorgen würde. Hunt steht nicht allein. Wissenschafter und Publizisten haben ähnliche Vorstöße unternommen – bis hin zu so abstrusen Begründungen wie der These, man müsse für die Teilnahme an einer so wichtigen Abstimmung einen "Befähigungsnachweis" vorlegen.

Wiederholungen von Referenden sind in der EU allerdings nichts Neues. Die Iren stimmten im Juni 2008 bei einer Wahlbeteiligung von nur 53 Prozent mit 53 zu 47 Prozent der Stimmen gegen den Lissabonner Vertrag – das bedeutete eine Blockade.

Also kam es im Oktober 2009 zur zweiten Abstimmung, die bei 59 Prozent Beteiligung mit 67 zu 33 Prozent für die Annahme des Vertrags endete. Brüssel hatte den Iren einige Zugeständnisse gemacht, darunter die Garantie der Steuerhoheit.

Also warum nicht auch die Briten ein zweites Mal abstimmen lassen? Die Unterschiede zu 2008/09 sind freilich markant. Zum einen: Es handelte sich beim Brexit-Votum nicht um Annahme oder Ablehnung einer Verfassungsänderung in der EU, sondern um die im EU-Vertrag vorgesehene freiwillige Entscheidung auszutreten.

Zum anderen: 52 zu 48 ist, gemessen an der vorausgegangenen Euphorie der Befürworter des Verbleibs, ein ziemlich klares Ergebnis. Zum Dritten: Es ist nichts Neues, dass das Mehrheitsprinzip in der Demokratie für die Unterlegenen harte Tatsachen schafft. Zum Vierten: Im Tennis gibt es eine Grundregel. Man muss mindestens zwei Sätze gewinnen, um zu siegen. Das hieße, wenn die EU-Befürworter ein zweites Referendum gewännen, müsste es ein drittes geben, um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen.

Auf dem politischen Feld würde eine Wiederholung Großbritannien und Europa erst recht lahmlegen. Es entstünde ein Vakuum, das die sachliche Arbeit in der Union weit zurückdrängen würde. Die momentane Situation ist kompliziert genug, aber demokratiepolitisch eindeutig. Abstimmungen sind keine Umfragen. Die kann man wiederholen, so oft man möchte. (Gerfried Sperl, 28.6.2016)