In der Brexit-Frage gespalten sind dieser Tage nicht nur England, Schottland und Nordirland, auch im britischen Überseegebiet Gibraltar herrscht Unmut. "Ganz tief unten im Keller" sei die Stimmung am Südspitz der Iberischen Halbinsel: So formulierte es Fabian Picardo, "Chief Minister", also Regierungschef, von Gibraltar, unmittelbar nach dem britischen EU-Austrittsvotum. 96 Prozent der dortigen Bevölkerung haben gegen den Brexit gestimmt. Nun fürchtet das 6,5 Quadratkilometer große Gibraltar, das Spanien im Jahr 1713 an Großbritannien abgetreten hat, um seinen Zugang zum EU-Binnenmarkt.

Deshalb berät sich Picardo derzeit laut der BBC mit seiner schottischen Amtskollegin, der Ersten Ministerin Nicola Sturgeon, über Möglichkeiten eines EU-Verbleibs von Gibraltar und Schottland, das ebenfalls mit deutlicher Mehrheit gegen den Brexit gestimmt hat. "Ich kann mir vorstellen, dass einige Teile des in der heutigen Form gültigen Vereinigten Königreichs austreten und andere bleiben", sagte Picardo am Montag in der BBC-Sendung "Newsnight".

Gegen gemeinsame Verwaltung Londons und Madrids

Als Vorbild wird hier immer wieder Grönland genannt, das 1985 aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgetreten ist, aber nicht aus der Europäischen Union. Grönland ist zwar autonom, gehört aber zum Staatsgebiet von Dänemark.

In Gibraltar zeichnet sich außerdem ein Streit mit Spanien ab: Außenminister José Manuel García-Margallo hat sich kurz nach dem Brexit dafür ausgesprochen, die Souveränität über Gibraltar vorübergehend zwischen London und Madrid zu teilen. Im Anschluss an eine solche "Co-Souveränität" müsse der Felsen an Spanien angegliedert werden. Gibraltar hat allerdings bereits einmal eine solche Lösung abgelehnt: 99 Prozent sprachen sich 2012 in einem Referendum gegen eine gemeinsame Verwaltung durch London und Madrid und für einen Verbleib unter britischer Herrschaft aus. (giu, 28.6.2016)