Innsbruck – Die Umweltabteilung des Landes Tirol hat einen positiven Bescheid für die Umweltverträglichkeitsprüfung des Kraftwerksprojekts Sellrain-Silz des landeseigenen Energieversorgers Tiwag erlassen. Dies teilte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz nach der Regierungssitzung mit. Die Tiwag werde rund 500 Mio. Euro in den Ausbau des Kraftwerks investieren.

Es sei schwierig, eine Balance zwischen klimaschonender Energiegewinnung und dem Schutz der Natur zu finden, meinte Platter. Im UVP-Verfahren sei von der Behörde aber nun eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Naturschutzes und dem Bedarf am Ausbau erneuerbarer Energieträger getroffen worden. Außerdem würde eine Investition von 500 Mio. Euro auch zusätzliche Arbeitsplätze und eine Wertschöpfung im eigenen Land mit sich bringen, fügte der Landeshauptmann hinzu.

Kritik hatten es bereits zuvor aus der Gemeinde Neustift im Stubaital gegeben, da für den geplanten Ausbau des Kraftwerks zusätzlich Wasser aus dem Tal abgeleitet werden soll. "Alle Einwände wurden gründlich geprüft", meinte Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne). Auch die Diskussionen über eine mögliche Ausweitung des Untersuchungsraumes habe man sich "genau angesehen".

Felipe ist gespannt

Die Ankündigung mehrerer dazu berechtigter Parteien, ihre Rechte nach Abschluss des Verfahrens gerichtlich geltend machen zu wollen, sei legitim und selbstverständlich zu respektieren, meinte Felipe. "Wir sind gespannt, wer aller den Weg zu den Höchstgerichten beschreiten wird und welche Urteile die Gerichte fällen", erklärte sie.

Im Dezember 2009 wurden die Unterlagen für die Erweiterung des Kraftwerks bei der UVP-Behörde eingereicht. Geplant sind ein zusätzlicher dritter Speichersee und ein Pumpspeicherkraftwerk. Damit kann die Speicherkapazität der bestehenden Anlage um 50 Prozent erhöht werden. Die Tiwag rechnete mit einem Baubeginn frühestens Anfang 2019.

Sellrain-Silz ist nur eines von mehreren Projekten, die die Tiwag in der Pipeline hat. Ein Überblick:

Erweiterung Sellrain-Silz: Die 1981 in Betrieb genommene Kraftwerksgruppe besteht derzeit aus den Kraftwerken Kühtai und Silz sowie den Speichern Finstertal (Fassungsvermögen: 60 Mio. Kubikmeter) und Längental (Fassungsvermögen: drei Mio. Kubikmeter). Die Stromerzeugung beträgt laut Tiwag-Angaben im Regeljahr aus natürlichem Zufluss rund 520 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/Jahr). Im Dezember 2009 hatte der Landesenergieversorger die Projektunterlagen bei der UVP-Behörde eingereicht. Jetzt gab die Umweltabteilung grünes Licht. Die Investitionssumme betrage rund 500 Mio. Euro. Bis dato habe die Tiwag 45 Mio. Euro für die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten locker gemacht. Geplant sind ein zusätzlicher Speichersee mit 31 Mio. Kubikmeter Fassungsvermögen und ein Pumpspeicherkraftwerk als zweite Oberstufe. Mit dem neuen Speicher soll sich die Wasserspeicherkapazität der Bestandsanlage um rund 50 Prozent erhöhen.

Neubau Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI): An dem im Oberen Gericht bei Prutz entstehenden Flusskraftwerk hält die Tiwag 76 Prozent der Anteile, die Engadiner Kraftwerke 14 und der Verbund 10 Prozent. Mit einem Regelarbeitsvermögen von über 400 GWh jährlich und einem Investitionsvolumen von 460 Mio. Euro ist das österreichisch-schweizerische GKI laut Tiwag das erste große Wasserkraftprojekt seit mehr als 30 Jahren, das in Tirol realisiert wird. Der Spatenstich erfolgte am 14. November 2014. Die Inbetriebnahme ist für Sommer 2018 geplant.

Erweiterung Kraftwerk Kirchbichl: Derzeit beträgt die Stromerzeugung des Kraftwerks im Tiroler Unterland, das seit 1941 Strom liefert, im Regeljahr 131 GWh/Jahr. Durch die Erweiterung und Sanierung soll die Effizienz gesteigert werden. Der Baubeginn ist für Mitte 2017 geplant, die Fertigstellung des Gesamtvorhabens bis Ende 2020. Die Kosten des Vorhabens belaufen sich laut Tiwag auf rund 100 Mio. Euro.

Erweiterung Kraftwerk Kaunertal: Dieses Projekt liegt wegen eines Widerstreitverfahrens mit der Gemeinde Sölden derzeit auf Eis. Geplant ist, das bestehende Kraftwerk Kaunertal für 1,1 Mrd. Euro zu einer Kraftwerksgruppe auszubauen. Die Pläne sehen den Bau einer Oberstufe im Platzertal (Gemeindegebiet Pfunds) und die Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerks im Kaunertal vor. Zusätzliches Wasser soll von der Gurgler und Venter Ache in den Gepatschstausee abgeleitet werden. Durch den Ausbau plant die Tiwag zusätzlich rund 900 GWh aus natürlichem Zufluss pro Jahr erzeugen zu können.

Neubau Innstufe Imst-Haiming: Das als Ausleitungskraftwerk (Regelarbeitsvermögen 270 GWh/Jahr) geplante Projekt wurde 2015 eingereicht. Das Kraftwerk beschränkt sich auf die nochmalige Nutzung der im Kraftwerk Prutz-Imst abgearbeiteten Wassermengen ohne weiteren Einzug von Abflüssen aus dem Inn. Die Investitionskosten würden etwa 350 Mio. Euro betragen. Die Tiwag rechnet mit einem Baustart frühestens 2023.

Neubau Kraftwerk Tauernbach: Die Tiwag reichte das Projekt 2013 bei der Behörde zur UVP ein. Das Projekt sehe die Errichtung eines Ausleitungs-Laufwasserkraftwerkes mit einem Regelarbeitsvermögen von 85 GWh pro Jahr vor. Der Landesenergieversorger rechnet mit einem rund vier Jahre dauernden Behördenverfahren und einer Inbetriebnahme im Jahr 2025. Die Investitionskosten wurden mit 74 Mio. Euro beziffert. (APA, 28.6.2016)