Der Schweizer Moderator kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und bekannte, er sei lange im Geschäft, aber dies sei eine der größten Überraschungen, die er je erlebt habe. Der isländische Moderator kreischte bei den Toren hingegen wie ein Mädchen, dem man das iPad wegnimmt.
Die Rede ist vom Brexit, dem zweiten. Spätestens als die isländische Nationalelf gemeinsam mit ihren Fans ihren akzelerierenden Schlachtruf anstimmte – man weiß nicht, ob man dabei an Wikingersiegesfeiern oder an Alieninvasionen denken soll –, spätestens dann war klar, der Augenblick wird sich ins Gedächtnis graben.
Seltsam bleibt, wie sich der Fußball an der Dramaturgie der Politik orientiert. Oder sie als Komödie nachahmt. Roy Hodgson, der Trainer der eng lischen Mannschaft, erklärte wie David Cameron nach der Niederlage seinen Rücktritt. Seitdem sind auch einige neue Eintauschszenarien in Umlauf. Simon Kuper, Kolumnist bei der FT, twitterte etwa, man solle Hodgson zum Premier machen, Cameron zum Labour-Chef, und Jeremy Corbyn führt in Zukunft die Tories. Schlimmer kann’s ohnehin nicht mehr kommen.
Mit fast österreichischem Defätismus wird konstatiert, dass das Nationalteam schon immer die besten Bilder für den Zustand des Landes abgeworfen hat. Aber auch dann stellt sich die Frage, was zuerst da war. Vielleicht hemmte die Verwirrung nach der Brexit-Entscheidung nun auch die Füße der Spieler? Anders sind die meterweit am Tor vorbeipfeifenden Schüsse ja kaum zu erklären.
Die Regeln des Fußballs sind jedenfalls klar – draußen bleibt draußen. Sorry, no Boris Johnson turnaround. Die EM wird trotzdem nicht zur vertieften Eurozone. Denn da ist ja Island. (Dominik Kamalzadeh, 28.6.2016)