Ein Kuss von Brian Laudrup für die Coupe Henri Delaunay: Europas Meister von 1992 heißt Dänemark.

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Das Vorspiel zur Endrunde in Schweden war ein Trauerspiel. Am 23. Mai 1992, als Sarajevo bereits unter Beschuss lag, trat Ivan Osim in Belgrad vor laufenden Kameras als Trainer des jugoslawischen Nationalteams zurück.

Adelheid Wölfl im STANDARD über diesen Moment: "Es war ein leiser, tieftrauriger, aber umso eindringlicherer Protest. Der symbolische Akt wirkt bis heute. Da saß der ‚Strauß‘, dieser riesige Mann, mit Tränen in den Augen und versuchte seine Mimik zu kontrollieren." Und Osim sagte: "Das ist das Einzige, was ich für die Stadt tun kann, damit ihr euch auch daran erinnert, dass ich in Sarajevo geboren wurde. Und ihr wisst, was dort geschieht."

Kurz danach wurde Jugoslawien wegen der im Lauf des Jahres 1991 ausgebrochenen Bürgerkriege trotz erfolgreicher Qualifikation von der EM-Teilnahme ausgeschlossen und kurzfristig durch Dänemark, den Zweiten der Qualifikationsgruppe 4, ersetzt. Wie die Sache endete, märchenhaft nämlich, ist bekannt. Der Nachrücker wurde Europameister, bezwang im Endspiel Deutschland mit 2:0.

"Es konnte nichts schiefgehen", sagte Kim Vilfort rückblickend. Erwartungen, die man hätte enttäuschen können, gab es ja nicht. Vilfort war so frei und gab mit seinem Goal zum Endstand dem regierenden Weltmeister den Rest. Bereits davor hatte die Bande von Richard Möller Nielsen mit England, Frankreich und den Niederlanden namhafteste Schwergewichte aus dem Weg geschoben.

Ein unüberwindlicher Peter Schmeichel und zwei dänische Goals machten auch 1992 einen nordischen TV-Kommentator delirieren.
Daniel Muffe

ÖFB auf dem Tiefpunkt

Die österreichische Nationalmannschaft schlug sich in der Qualifikation bescheiden wie nie. Im Pool mit den Jugoslawen und dem späteren Triumphator Dänemark. Nach acht Spielen und sechs Niederlagen, einem Remis sowie einem solitären Sieg kam das Team abgeschlagen auf dem vierten und vorletzten Platz ein, selbst Nordirland war außer Reichweite. Aufgrund der besseren Tordifferenz konnten immerhin die färingischen Amateure hintan gehalten werden.

Das Siechtum hatte am Abend des 12. September 1990 begonnen. Man möchte ja den Mantel des Schweigens darüber breiten, daher in aller Bündigkeit: Landskrona, erstes Pflichtspiel der Schafsinsulaner, 0:1. Torkil Nielsen, Torschütze, und Jens Martin Knudsen, Mützelhauben-Goalie, werden Helden. Die übrigen neun eigentlich ebenso. Josef Hickersberger, dem Teamchef der Österreicher, bleibt dagegen nur der Rücktritt. Zur Ehrenrettung muss angemerkt werden, dass es unter Nachfolger Alfred Riedl nicht besser werden sollte.

Von Osims Ensemble wurde die ÖFB-Abordnung beim 4:1 in Belgrad auseinandergenommen. Sein 2:0-Sieg in Wien sollte das letzte Pflichtspiel eines jugoslawischen Fußballnationalteams sein. Bei den Plavi (Blauen), zweimal Vize-Europameister, war der Lack ab. (Michael Robausch, 28.6. 2016)