Antonio Costa, der portugiesische Ministerpräsident, hat durch die gestärkten Konservativen in Spanien einen Dämpfer erlitten.

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Neben dem Brexit-Referendum steht die EU vor einem weiteren Dilemma: Wegen des deutlichen Verfehlens der Budgetziele drohen sowohl Portugal als auch Spanien harsche Sanktionen. Konkret stehen Strafzahlungen von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Raum; im Fall Portugals wären das knapp 340 Millionen Euro, im Fall Spaniens 2,1 Milliarden. Der Entscheid der EU-Kommission wurde einzig wegen des spanischen Wahlkampfs auf 5. Juli verschoben.

Der deutliche Sieg der spanischen Konservativen (Partido Popular, PP) von Premier Mariano Rajoy am vorigen Sonntag bringt Portugal in eine missliche Lage. Groß war die Hoffnung des sozialistischen Premiers Antonio Costa, der gestützt auf Linksblock (Bloco de Esquerda, BE) und Kommunisten seit Ende November 2015 regiert. Mit Rückendeckung einer Linkskoalition aus Podemos und sozialistischem PSOE in Madrid hätte Costa seinen Antiausteritätskurs in Brüssel verteidigen können. Daraus wird nun wohl nichts.

Früherer Musterschüler

Lange Jahre war Portugal der Musterschüler der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB). Das im Mai 2015 ausgelaufene 78 Milliarden Euro schwere Rettungspaket war an harte Einschnitte gekoppelt, die von der rechten Vorgängerregierung unter Pedro Passos Coelho (PSD) penibel umgesetzt wurden.

Um nicht neuerlich zum Euro-Sorgenkind zu werden, besteht der IWF vehement auf weiteren Reformen – konträr zu den Anreizen in Sachen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die die Linksregierung setzen wollte. Eine klare Absage erteilte der IWF der 35-Stunden-Woche für Beamte. Mehr Dienstverhältnisse wären die Folge im ohnehin überdimensionierten öffentlichen Dienst. Das Pensionssystem müsse angepasst werden. Investitionen in Infrastruktur seien nicht nötig, in den Bildungssektor aber sehr wohl. Zu Vorsicht wird auch beim Mindestlohn geraten (2016: 530 Euro monatlich; 2015: 505 Euro) um die Produktivität nicht zu schmälern.

Symbolische Sanktionen erwartet

Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos (PP) zeigt sich hoffnungsvoll, dass Madrid maximal symbolische Sanktionen treffen werden: "Null Euro", wie er sagt. In vorauseilendem Gehorsam versprach Rajoy ohnehin EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, "zusätzliche Sparmaßnahmen umzusetzen". Konträr dazu und kämpferisch gibt sich hingegen Catarina Martins, BE-Parteichefin: "Sanktionen wären eine Kriegserklärung an Portugal", sagt sie. Im Fall der Fälle ließe man "die Portugiesen über solche per Referendum entscheiden". Eine Konsequenz könnte der Euroaustritt sein.

Die Gretchenfrage ist, ob die EU-Kommission beide Staaten Iberiens schont – oder nicht. Nichtschonung hieße zusätzlichen Zündstoff für Euroskeptiker wie den Linksblock. (Jan Marot aus Granada, 29.6.2016)