Das Interesse am Formel-1-Rennen in Spielberg hält sich in Grenzen. Noch sind jede Menge Karten zu haben.

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Spielberg – In der Sportwelt sind in letzter Zeit recht sonderbare Verhaltensweisen zu beobachten: Jogi Löw liebt es, an seinen Ausdünstungen zu riechen, und kommt dabei augenscheinlich zu tiefgreifenden Erkenntnissen. Oder zuletzt der Australier Jack Miller, der nach seinem Sieg in der MotoGP von Assen aus seinem noch körperwarmen Rennschuh ein Gemisch aus Champagner und über die Füße transpiriertem Schweiß schlürfte.

Zumindest bei Miller könnte man meinen, dass diese "Scheiß mir nix"-Attitüde gut ins Klischee der coolen Typen auf den heißen Maschinen passt, das letztlich auch zur Popularität dieses Sports beiträgt. Gerade Miller gilt ja als ziemlich verrückt, ähnlich dem legendären kanadischen Skidesperado Dave Irwin, für den es nur eine Erfolgsformel gab: Sieg oder Spital.

Computerboliden

Es sind wohl diese extreme Risikobereitschaft und die daraus gespeiste voyeuristische Lust der Zuschauer am tödlichen Kitzel, die die motorisierten Gladiatorenkämpfe etwa der MotoGP für viele weit spektakulärer machen als die Formel 1 mit ihren hochgetunten Computerboliden und ferngesteuerten Piloten.

Motorräder jagen die Geschwindigkeit wesentlich schneller hoch, die Fahrer sind mit dem ganzen Körper präsent, während die Formel-1-Piloten im Chassis verschwinden. Motorräder lassen das, was den Motorsport ausmacht – Geschwindigkeit, Risiko Wettkampfatmosphäre – unmittelbarer und brutaler erleben. So, wie es früher in der Formel 1 der Fall war. Die Formel-1-Macher haben nun aber mit dem Schlimmsten zu kämpfen, das ihnen passieren konnte: Fadesse.

Das trifft auch und speziell die Arena im obersteirischen Spielberg. Für den Renntag am 3. Juli dürften noch massenhaft Karten zu haben sein. Der Motorrad-Grand-Prix Mitte August hingegen ist zwar noch nicht ganz ausverkauft, aber bereits bestens gebucht.

Keine Zahlen

2014, im ersten Jahr, als Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz den Formel-1-Zirkus zurück nach Spielberg brachte, wurden am gesamten Rennwochenende 205.000 Besucher gezählt, im darauffolgenden Jahr waren es nur noch 120.000. Und heuer? "Wir geben über aktuelle Zahlen keine Auskunft", heißt es bei den Red-Bull-Spielberg-Organisatoren. Intern hat man natürlich längst mit einem weiteren empfindlichen Gästeschwund gerechnet, denn die Flaute trifft derzeit jedes Formel-1-Rennen.

In Spielberg hat man jedenfalls schon im Vorfeld darauf reagiert und – ein bisschen verzweifelt – versucht, mit Goodies neue Gäste in die Obersteiermark zu locken. So darf diesmal ein Fan die Zielflagge schwingen, auch eine Fahrt im Safety-Car gibt es zu gewinnen. Wanda konzertieren, ebenso Amy McDonald und die deutsche Poplady Nena. Sie soll wohl wenigstens musikalisch in bessere Zeiten rückblenden. 1983 stieg Nena mit "99 Luftballons" in den deutschen Pophimmel. 1983 war hier in Spielberg – damals hieß es noch "Österreichring" – die Hölle los. Alain Prost siegte beim Großen Preis von Österreich, ein gewisser Niki Lauda landete mit seinem alten Saugmotor weit hinten – auf Platz 14. (Walter Müller, 30.6.2016)