Gegen Jiri Vesely war für Dominic Thiem einfach kein Kraut gewachsen.

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London – Dominic Thiem ist beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon wie 2015 schon in der zweiten Runde ausgeschieden. Der als Nummer acht gesetzte Niederösterreicher unterlag dem tschechischen Linkshänder Jiri Vesely am Donnerstag auf dem Court 1 denkbar knapp 6:7 (4), 6:7 (5), 6:7 (3). Es ist die erste große Überraschung im Laufe des Herrenbewerbs.

Für Thiem war es die erste Niederlage gegen Vesely auf höchster Ebene im dritten Duell. 2012 hatte er aber auch schon einmal bei einem Future in Tschechien gegen den ebenfalls 22-Jährigen verloren gehabt. Nach dem Turniererfolg in Stuttgart und dem Halbfinaleinzug in Halle kam für den ÖTV-Star ausgerechnet bei den prestigeträchtigen All England Championships, dem wichtigsten seiner drei bisherigen Rasen-Saisonturniere, vorzeitig das Aus. Und das in Tiebreaks, in denen er zuvor noch so erfolgreich agiert hatte.

Die Partie gegen den Ranglisten-64. hätte ausgeglichener nicht sein können. Das zeigt auch die Punktebilanz, in der Vesely nach 2:45 Stunden mit 126:123 knapp die Nase vorne hatte. Die Ausgeglichenheit wird auch bei anderen Statistiken deutlich: Thiem gelangen zwar etwas mehr Winner (45:37), dafür unterliefen ihm aber auch mehr unerzwungene Fehler (29:25).

Vergebene Chancen

Die Partie begann für Thiem nicht nach Wunsch, er kassierte bereits zum 1:3 ein Break. Da er gleich darauf seinem Gegner aber den Aufschlag abnahm, war alles wieder offen. Bei 5:5 ließ der Lichtenwörther dann die Chance auf die Vorentscheidung aus, ließ drei Breakchancen ungenützt. Das rächte sich im Tiebreak. Vesely nutzte gleich seinen ersten Satzball zum 7:4.

Auch im zweiten Durchgang fehlte Thiem in den entscheidenden Momenten die Effizienz, eine Breakmöglichkeit auf die 2:0-Führung konnte er nicht verwerten. Bei 5:5 wehrte er dafür eine Breakchance des Tschechen ab. Der zog im Tiebreak schnell auf 3:0 voran. Thiem konnte zwar kontern und ging mit 5:4 in Front, machte in der Folge aber keinen Punkt mehr.

Im dritten Durchgang fand Thiem gleich im ersten Game seine einzige Breakchance vor. Vesely wehrte sie aber ab und neuerlich musste die Entscheidung in der "Verlängerung " fallen. Vesely zeigte wieder keine Nerven, zog auf 5:2 davon und verwertete schließlich gleich seinen ersten Matchball zum 7:3. Mitentscheidend für Thiems Niederlage war sicher, dass er nur 55 Prozent der ersten Aufschläge ins Feld brachte. Vesely kam demgegenüber auf 65 Prozent. Bei einer dermaßen engen Entscheidung natürlich ein großer Vorteil.

"Es war ein sehr enges, hartes Match", analysierte Vesely, der bei den Assen mit 14:9 die Nase vorne hatte und einen Doppelfehler (5:4) mehr servierte. "Es war unglaublich schwierig, weil Dominic in so guter Form ist und eine unglaubliche Saison spielt. Ich bin einfach rausgegangen und wollte das Spiel genießen und mein bestes Tennis zeigen. In den entscheidenden Punkten war ich ein bisschen relaxter", sagte der Tscheche. Mit Thiem verbindet ihn eine Freundschaft. "Wir sind sehr gute Freunde, haben das erste Mal mit neun Jahren gegeneinander gespielt, da ist es ist immer auch eine Kopfsache. Ich war heute der Glücklichere", so Vesely.

Treffen mit dem Herminator

"Sicher bin ich jetzt sehr enttäuscht. Ich habe entweder zu viel gemacht oder zu wenig. Das ist ein bisschen mein Problem auf Rasen, aber was soll ich machen", sagte Dominic Thiem nach der knappen Dreisatzniederlage.

Mitentscheidend für das Out sei die Aufschlagleistung gewesen. "Ich habe heute um einiges schwächer serviert als gestern", betrieb Thiem Ursachenforschung. Für Vesely hatte er lobende Worte parat: "Man muss sagen, dass er echt sehr gut gespielt und sehr gut serviert hat das ganze Match eigentlich. Er war gesamtgesehen der bessere Spieler."

Dreimal im Tiebreak zu verlieren bezeichnete er als "unglücklich" und "bitter". "Er ist fast zwei Meter groß und ein Linkshänder, es ist klar, dass man den nicht oft breakt auf Rasen. Es war aber ein Match, das man verlieren kann, es ist kein Riesenmalheur", sagte Thiem. Den vergebenen Chancen trauerte aber natürlich nach. "Im ersten Satz habe ich ein richtig dummes Break kassiert, das war der einzig schwere Fehler. Bei ein paar Breakbällen und im Tiebreak habe ich auch ein paar Fehler gemacht, dann ist so eine Niederlage schnell passiert", so Thiem.

Das Daumendrücken von Skilegende Hermann Maier auf der Tribüne half nichts. Vor der Partie hatte Thiem ein paar Worte mit dem Salzburger gewechselt. "Er ist eine Sportlegende in Österreich, ein Vorbild für alle. Ich habe ihn schon ein paar Mal gesehen, jetzt aber das erste Mal mit ihm geredet. Ich habe mich sehr gefreut", sagte Thiem, der nun in der Heimat Kraft für die nächsten Aufgaben tanken möchte. (APA, 30.6.2016)