Vier Umweltschutzorganisationen haben gemeinsam die Auswirkungen europäischer Kohlekraftwerke analysiert. Das Ergebnis: Die Kraftwerke sind für 22.900 vorzeitige Todesfälle sowie zehntausende Herz- und Lungenkrankheitsfälle verantwortlich.

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Berlin – Mit ihren Kohlekraftwerken fügen sich die EU-Nachbarstaaten einer Studie zufolge gegenseitig große Schäden zu. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Analyse von vier Umweltverbänden sind die Emissionen aller europäischen Kohlekraftwerke für jährlich 22.900 frühzeitige Todesfälle sowie zehntausende Herz- und Lungenkrankheitsfälle verantwortlich.

Der Report mit dem Titel "Europe's Dark Cloud" stützt sich auf Auswertungen von 257 der 280 europäischen Kohlekraftwerke. Die Gesundheitskosten durch die damit im Zusammenhang stehenden Umweltverschmutzung belaufen sich demnach auf bis zu 62,3 Milliarden Euro jährlich.

An der Spitze der Staaten, von denen die größten Belastungen ausgehen, sieht die Studie Polen. Die polnischen Kraftwerke sollen demnach jährlich für 5.830 vorzeitige Todesfälle verantwortlich sein, gefolgt von Deutschland mit 4.350 Fällen sowie Großbritannien (2.860), Rumänien (2.170) und Bulgarien (1.570). Österreich nimmt hier den 20. Platz von insgesamt 21 untersuchten EU-Staaten ein: 20 der 22.900 vorzeitigen Ablebensfälle gehen laut Studie auf das Konto der Emissionen aus Österreich.

"Importierter" Tod

Die fünf EU-Staaten, die am meisten unter Kohleschadstoffen leiden, sind demnach Deutschland (3.630 vorzeitige Todesfälle durch eigene und fremde Kraftwerke), Großbritannien (2.100), Polen (1860), Italien (1.610) und Frankreich (1.380). In Österreich beträgt die Zahl 250, wobei kein Sterbefall den heimischen Kraftwerken zugeordnet wurde. Die "importierten" Todesfälle wurden großteils durch Belastungen aus Polen (110), Deutschland (50) und Tschechien (30) verursacht.

An der Studie beteiligten sich der in Brüssel ansässige Umwelt- und Gesundheitsverband HEAL, die britische Umweltorganisation Sandbag, der Klimadachverband Climate Action Network (CAN) und die Umweltstiftung WWF. Die Verbände fordern angesichts der Gesundheitsschäden und des Klimawandels, so schnell wie möglich europaweit aus der Kohleenergie auszusteigen.

Ausstieg aus der Kohle gefordert

"Der Report bestätigt erneut, dass unsere Abhängigkeit von Kohlestrom auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird und alle Europäer einen hohen gesundheitlichen Preis dafür zahlen", erklärt Julia Huscher von der Organisation HEAL. "Dass Deutschland das am stärksten betroffene Land in Europa ist, sollte die Bundesregierung zum Handeln bringen."

Die WWF-Klimaschutzreferentin Viviane Raddatz fordert, Deutschland müsse einen "sozialverträglichen Fahrplan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung vorlegen, der bis spätestens 2035 komplett umgesetzt wird". (APA, AFP, 5.7.2016)