Nannte den 2. Oktober als Wahltermin: Innenminister Sobotka.

Foto: APA / Roland Schlager

Der Bundeskanzler und sein Vize vereint hinter dem Rednerpult beim Ministerrat. Sie verkündeten den Termin für die 2. Stichwahl.

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Wien – Als Symbol für die neue Politik von Bundeskanzler Christian Kern und der Koalition wurde das Rednerpult beim Pressefoyer des Ministerrats entfernt. Das Pult ist zurück. Und zurück sind auch Uneinigkeiten zwischen den Koalitionären. Ob nun OSZE-Wahlbeobachter gut oder schlecht für das Land seien – darüber können Bundeskanzler Kern und Innenminister Wolfgang Sobotka keinen Konsens finden.

Sobotka hatte dem Bundeskanzler Anfang der Woche "Unwissenheit" in Bezug auf OSZE-Wahlbeobachter vorgeworfen. Auch vor der Ministerratssitzung am Dienstag wollte Sobotka nicht von dieser Meinung abweichen, schließlich sei es kein Vorwurf an Kern gewesen, sondern eine Feststellung, sagte der Innenminister.

Die Regierung und ihr "ewiges Geplänkel"

Der Bundeskanzler sagte, er habe nichts gegen die Wahlbeobachter, wenn der Innenminister Bundespräsident Heinz Fischer, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Ex-Minister Peter Jankowitsch überzeugen könne. Und noch einer ist nicht überzeugt: Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich am Rande einer Pressekonferenz gegen Sobotkas OSZE-Pläne aus. Außerdem solle die Regierung das "ewige Geplänkel" lassen, heißt es aus Tirol. Die Bundesregierung müsse sich mit Novellierungen und Beschlüssen beschäftigen und dann geschlossen vor die Bürger treten.

Damit spricht der Tiroler Landeshauptmann die nächste Wahlbaustelle an: eine Wahlrechtsreform. Die Aufhebung des Ergebnisses der Bundespräsidentenstichwahl hat Mängel im Ablauf offenbart. Grünen-Chefin Eva Glawischnig hält Änderungen im Wahlrecht noch während des Wahlkampfes für wenig sinnvoll. Das würde die Bevölkerung irritieren, sagte Glawischnig am Dienstag.

Transparenz wie in Deutschland

Eilig dagegen haben es die Neos: Klubchef Strolz kann sich manche Anpassungen des Wahlrechtes noch vor der Wiederholung der Stichwahl vorstellen. Die Aufhebung der Wahl sei ein "wichtiges Warnsignal", und das fordere schnelle Änderungen, sagte Strolz, der bereits ein Maßnahmenpaket mit Verbesserungen präsentierte.

Transparenz steht dabei hoch im Kurs. Nach den Vorstellungen der Neos sollte künftig jeder Bürger die Chance haben, der Stimmenauszählung beizuwohnen. Vorbild sei dabei Deutschland. Dort funktioniere das gut, sagte Verfassungssprecher Nikolaus Scherak. Die Neos plädieren weiters für eine ausreichende und einheitliche Aufwandsentschädigung für die Wahlbeisitzer. Das solle mehr als eine "Wurstjause" und ein "Körberlgeld" sein. Über die Aufwertung der Wahlbeisitzer sind sich die Minister parteiübergreifend einig.

SPÖ-Seniorenchef Blecha fehlen Hinweise auf Rechtswiedrigkeiten

Die Idee Sobotkas, ein Schöffensystem wie bei Gericht statt Wahlbeisitzern zu installieren, fällt auf wenig Verständnis – nicht nur bei den Neos. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hat vorgerechnet, dass man etwa 40.000 Schöffen auslosen und einschulen müsste. Die könnten die Aufgabe aber auch nicht besser lösen als die bisherigen Wahlbeisitzer. Die Landeshauptmannstellvertreterin Tirols, Ingrid Felipe von den Grünen, äußert sich ebenfalls kritisch über die Schöffenpläne: Die aktuelle Diskussion berge die Gefahr, dass sich zu wenige als Wahlbeisitzer finden werden.

Angeheizt wird die Debatte nun von SPÖ-Seniorenchef Blecha, der das VfGH-Erkenntnis scharf kritisiert. Für ihn sei der Höchstrichterspruch falsch und weltfremd. Blecha fehlen Hinweise, dass es tatsächlich zu Rechtswidrigkeiten und Manipulationen gekommen sei. Der Urnengang am 2. Oktober widerspreche dem Wählerwillen und steigere die derzeitige Politikverdrossenheit, fürchtet Blecha.

Das Team Stronach erwägt, in der Zwischenzeit eine dringliche Anfrage an den Innenminister zu stellen. Für den Klubchef Lugar ist es unverständlich, warum das Innenministerium bei den Missständen so lange zuschauen konnte. (eich, APA 5.7.2016)