Die Wahlkampftruppe von Alexander Van der Bellen will – wie schon beim zweiten Wahlgang – eine Mobilisierung durch die "Zivilgesellschaft" erreichen: Gruppen im Internet, informelle Zusammenschlüsse, Freiwillige, die Community halt. Das ist dringend notwendig, denn die extreme Rechte beherrscht den Guerillakampf im Netz mindestens so gut, wenn nicht besser. Rechte Verschwörungstheorien, Hasspostings (besonders auf Straches Facebook-Seite mit 370.000 "Freunden"), Desinformation und gezielte Lügengeschichten sind eine Spezialität in dieser Art von "Darknet".

Jüngster Gipfelpunkt ist eine mit gefälschten Dokumenten "abgesicherte" Meldung, Van der Bellen sei sowohl dement und müsse besachwaltert werden als auch schwer krebskrank. Richtig daran ist gar nichts, aber in Verbindung mit Van der Bellens Kettenrauchen wird das bei vielen, die sowas glauben wollen, einen gewissen Effekt haben.

Die vom Grünen-Abgeordneten Karl Öllinger auf seiner Website stopptdierechten aufgedröselte Geschichte kommt über eine deutsche rechtsextreme Seite (politically incorrect) und wurde von einer vermutlichen Fakeadresse in Ungarn einer gewissen Michaela J. in Österreich weiterverbreitet. Wie fast immer in solchen Fällen muss man von den Rechtsextremen nur einen Schritt weitergehen, um bei der FPÖ zu landen. Michaela J. unterhält Facebook-Freundschaften mit den FPÖ-Politikern Christian Höbart, Elmar Podgorschek, Hans-Jörg Jenewein, Barbara Rosenkranz, Martin Graf oder Robert Lugar (Team Stronach, früher FPÖ).

Man darf die Wirkung von solchem Dirty Campaigning nicht unterschätzen. Noch vor ein, zwei Jahren gingen hundertfach wilde Behauptungen über das Privatleben von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll durchs Netz. Er selbst hat sie in einer ORF-Pressestunde angesprochen und scharf dementiert. Mehrere Medien, darunter solche mit investigativen Lorbeeren, haben die Sache nachrecherchiert und nichts gefunden. Mit einiger Sicherheit ist die trübe Quelle bei jemandem zu orten, der im Rechtsstreit mit dem Land Niederösterreich liegt. Eine andere Spur führt zu einem FP-Sympathisanten. Die Anschuldigungen verbreiteten sich in rasender Eile im Netz, und man wurde als Journalist von honorigsten Bürgern gefragt, wieso die Zeitungen nichts über diesen Skandal berichteten.

Van der Bellen hat die Stichwahl knapp gewonnen, weil eine Koalition aus Bürgern weit über die Grünen hinaus entstand, die schwere Zweifel an der Eignung des schwer rechtslastigen Norbert Hofer haben und ihn verhindern wollten. Es gibt aber viele, die Hofers Rechtslastigkeit nicht registrieren und sich von Wahlkampftricks wie den falschen Gesundheitsgerüchten beeinflussen lassen.

Tatsache ist, dass der Kornblumenträger Norbert Hofer im Netz von schattenhaften Rechtsextremen ("Club 3 Kornblumen Österreich") unterstützt wird. Er sollte sich glaubhaft davon distanzieren. Und die Demokraten müssen gegenüber den Rechten im Netz die Samthandschuhe ausziehen. (Hans Rauscher, 5.7.2016)