Berlin – Der neue BND-Chef Bruno Kahl hat Erwartungen an mehr Offenheit des deutschen Auslandsgeheimdienstes gedämpft. "Geheimer Nachrichtendienst und totale Transparenz schließen sich aus", sagte er am Mittwoch bei seiner Amtseinführung durch den Chef des deutschen Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier.

Er habe sich vorgenommen, vorerst mehr mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) als über ihn zu reden. Es gehe ihm darum, erst einmal zu lernen, zu verstehen und zu arbeiten. "Das heißt nicht, dass ich den von meinen Vorgängern mit beachtlichem Erfolg eingeschlagenen Weg wieder verlassen oder gar umkehren will, nämlich auch künftig auf Dialog und Offenheit zu setzen – nicht zuletzt auch im Umgang mit den Medien."

Altmaier hatte den bisherigen BND-Chef Gerhard Schindler Ende April überraschend und ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand geschickt. In der Vergangenheit war es zu Unstimmigkeiten zwischen dem deutschen Kanzleramt und Schindler gekommen, der als exponierter Vertreter der Geheimdienstzunft mit einem durchaus eigenen Kopf galt.

Als der Jurist den notorisch von Affären geplagten Dienst Anfang 2012 übernahm, gab er das legendäre Motto "No risk, no fun" aus und forderte seine Leute auf, für die gute Sache häufiger auch einmal Risiken einzugehen. Später startete der FDP-Mann eine Transparenz-Initiative, gab die Decknamen für etliche der in den meisten Fällen ohnehin längst enttarnte Horchposten im Inland auf und traf sich immer wieder mit Journalisten, um die Arbeit seines Dienstes zu erklären und zu rechtfertigen. An der Zeremonie im Kanzleramt nahm Schindler nicht teil.

Kahl betonte die übergeordnete Entscheidungsgewalt der Politik. Die Geheimdienste seien dazu da hinzuschauen, Wissenslücken zu schließen, Fakten zu sammeln und sie zu analysieren und aufzubereiten für die Entscheidungsträger. Die Politik allein habe dann daraus die Konsequenzen zu ziehen und am Ende die Verantwortung zu tragen.

Altmaier erklärte, die Absicht des neuen BND-Gesetzes sei es nicht, den Geheimdienst an die Leine zu legen. "Weil ein Hund, der an die Leine gelegt wird, seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann." Es müsse aber auch klar sein, dass der Primat der Politik zu jedem Zeitpunkt beachtet werde. Dazu gehöre, dass Freunde nicht abgehört würden. Dem abwesenden früheren BND-Chef dankte Altmaier für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Er verwechselte dabei allerdings seinen Vornamen und sprach ihn als "Norbert Schindler" an. (APA/Reuters, 6.7.2016)