Wien – Mit einer Initiative auf EU-Ebene will Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) gleich zwei Fliegen auf einen Streich schlagen: die Stellung der erneuerbaren Energien in der EU stärken und zu der im Euroatom-Vertrag abgesicherten Atomkraft ein Gegengewicht schaffen.

Er ließ zwei Juristen einen Entwurf für einen Energiewendevertrag ausarbeiten, der den Vorrang von erneuerbaren Energien, aber auch der Energieeffizienz und -einsparung im EU-Primärrecht verankern würde – als Protokoll und Annex zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wie der Rechtsanwalt Wilhelm Bergthaler, einer der beiden Autoren, bei einer Podiumsdiskussion kürzlich ausführte.

Der Vorstoß stieß dort auf viel Zuspruch von österreichischen Interessenvertretern, aber auf deutliche Kritik eines Vertreters der EU-Kommission. Nichts gegen das Ziel, die Erneuerbaren zu stärken, betonte Lukas Wernert, Teamleiter für Energiepolitik in der Generaldirektion Energie. Aber eine Vertragsänderung würde die heutigen Technologien und Gegebenheiten auf Jahrzehnte festschreiben und könnte auf Veränderungen nicht ausreichend flexibel reagieren. Der Österreicher verwies auf das Beispiel des Euratom-Vertrags, der 1957 in Kraft getreten war, als die Atomkraft breite Unterstützung genoss. Trotz massiver Skepsis an dieser Technologie gilt der Vertrag immer noch – und hat den positiven Kommissionsentscheid für eine massive Subvention des britischen AKW Hinkley Point, gegen die Österreich beim Europäischen Gerichtshof geklagt hat, ermöglicht.

Energieunion in Arbeit

Wernert verwies auch auf die Vielfalt der Energiepolitik in der EU sowie die aktuellen Kommissionspläne für eine Energieunion, mit der viele der österreichischen Anliegen ohnehin umgesetzt werden sollen, vor allem der völlige Verzicht auf die fossile Energie.

Laut Elisabeth Freytag-Rigler, Abteilungsleiterin für Umwelt in Rupprechters Lebensministerium, ist die österreichische Vertragsidee bei mehreren EU-Partnerstaaten auf Resonanz gestoßen. Irland, Luxemburg, Griechenland und Kroatien wollen den Vorstoß unterstützen, Deutschland möglicherweise auch. Allerdings: Die Chancen auf Umsetzung seien kaum existent, sind sich Experten einig.

Auch Bergthaler sieht seinen Entwurf eher als Anstoß für eine breitere klimapolitische Diskussion denn als konkrete Handlungsanleitung – ein Ziel, das auch bei Wernert auf Zustimmung stößt. (ef, 8.7.2016)