Barcelona – Die Liste jener immunmodulatorischen Medikamente, die bei bösartigen Erkrankungen eingesetzt werden können, wird immer länger. Eine Studie, die beim diesjährigen Weltkongress für gastrointestinale Krebserkrankungen in Barcelona vorgestellt wurde, konnte zeigen, dass eine Neutralisierung des stärksten Entzündungsbotenstoffs – Interleukin 1alpha (IL-1alpha) – die Symptome deutlich reduziert.

"IL-1alpha fördert die Bildung von Blutgefäßen in Tumoren, was für deren Wachstum entscheidend ist. Es kann den Körper in einen Status bringen, bei dem der Stoffwechsel außer Kontrolle gerät, die Muskelmasse abgebaut wird und Gewichtsabnahme erfolgt", sagte die leitende Studienautorin Tamas Hickish in Barcelona.

Symptome von Auszehrung (Kachexie) sind bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen oft die belastendsten und gefährlichsten Begleiterscheinungen. Dem dürfte auch eine massive Ausschüttung von IL-1alpha zugrunde liegen, das zu den stärksten körpereigenen Entzündungsbotenstoffen gehört. Das Interleukin wirkt auch auf das Gehirn und kann damit zusätzlich noch chronische Erschöpfungs- und Angstzustände auslösen. Im Rahmen dieser Symptome kommt es zu einer starken Entzündungsreaktion, die den ganzen Körper betrifft.

Medikament und Placebo

In der Studie mit 309 Patienten, die an einer fortgeschrittenen Dickdarmkarzinomerkrankung und diesen Komplikationen litten, wurden zwei Drittel mit dem ersten IL-1alpha-Antikörper (MABp1) behandelt, ein Drittel der Kranken machte die Kontrollgruppe mit Placebo aus. Alle Probanden hatten auf die herkömmliche medikamentöse Chemotherapie mit Irinotecan und Oxaliplatin nicht angesprochen.

Die Ergebnisse: 76 Prozent der Probanden, denen der monoklonalen Antikörper verabreicht wurde, reagierten positiv auf den Wirkstoff. Die durchschnittliche Überlebenszeit lag bei 11,5 Monaten, die Patienten in der Placebo-Gruppe überlebten im Mittel 4,5 Monate. Die Betroffenen in der Experimentalgruppe berichteten durchwegs über eine Verbesserung ihres Zustandes, die Entzündungszeichen nahmen ab, die pathologischen Laborwerte besserten sich.

Laut Hickish traten auch um ein Viertel weniger schwere Nebenwirkungen im Zuge der Behandlung auf. Die neue Strategie könne in Zukunft zu einer neuen und weniger toxischen Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Dickdarmkarzinom werden. so die Hoffnung der Mediziner. (APA, 7.7.2016)