Von allem ein bisschen: Jamie Cullum, Entertainer, Pianist und Sänger mit jazzigem Ansatz, aber auch poppigen Fantasien.


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Wien – Jamie – der tolle Junge, der seinen eigenen Trend unbeschadet überlebt hat: Als er international aufzeigte und alte Jazzhadern erweckte, gab er den Alten das Gefühl, zeitlos zu sein, und den Jungen die Empfindung, Papas Liedgut wäre gar nicht so übel. Doch warum sang dieser Bub, der wirkte, als wäre er Teil einer Boygroup, Evergreens? Vielleicht weil er es gut konnte, weil er sie mochte.

Mit einer zart an den jungen Billy Joel angelegten Stimme, die aber auch an Crooner der 1960er erinnerte, passte Jamie natürlich gut in eine sich abzeichnende Nostalgiewelle, an der auch Typen wie Michael Bublé – samt guter alter Big Band mitunter – lukrativ teilnahmen.

So singt sich Jamie in der Wiener Staatsoper beim Jazzfest nach wie vor smart durch Old Devil Moon, sein Timbre passt zum Repertoire, und Jamie spielt auch sehr respektabel Klavier: Da und dort vergräbt er sich gar in exzentrische Linien und Harmonien und haut richtig rasante Sechzehntelläufe aus den Tasten. Dereinst wird er improvisierend Klaviersolokonzerte geben, versprochen, er ist zarter Jahrgang 1979.

Die andere, etwas fragilere Jamie-Seite rührt wohl auch daher, dass er sich selbst befragt haben muss, ob er ewig die Nostalgiejukebox geben soll, diese juvenile Retromaschine, die Songs singt, die doppelt so alt sind wie er selbst. Die Masche hält zudem nicht ewig, und so kam ein stärkerer Schwenk zum Pop. Jazziges wurde verpoppt. Poppiges wurde verjazzt. Und eigene Stücke, die gab es auch.

In der Staatsoper sind die poppigen nicht die stärksten Momente. Jamie schminkt sie in episch langen Stücken vom Klavier aus, bestenfalls solides Material wird da ausgewalzt. Das klingt mitunter wie ein Achterl auf eine Halbe gspritzt, da muss schon Rihannas Don't Stop The Music auftauchen, damit es stimmungsmäßig dichter wird in Jamies Popbar. Ein guter Performer, und das ist Jamie, wirkt nicht ohne Qualitätsmaterial, und dieser ist in Don't Stop The Music gut aufgehoben, er lässt auch Michael Jacksons Wanna Be Startin' Somethin', das bei Rihanna vorkommt, nicht unerwähnt.

Jamie hüpft natürlich auch gerne am Klavier, rappt, trommelt, singt auch Dizzy Gillespies wilden Bop-Hadern A Night in Tunisia als Ballade. Er ist fleißig. Flexibel. Gut. Aber wer er wirklich ist, lässt sich noch nicht wirklich sagen. (Ljubisa Tosic, 7.7.2016)