Die Cassini-Aufnahme zeigt Titan im Infrarotlicht. Deutlich zu erkennen sind die ausgedehnten Methan- und Ethanseen des Saturnmondes. Laut US-Forschern laufen dort auch chemische Reaktionen ab, die die Entstehung von Leben trotz Wassermangel begünstigen könnten.

Foto: Nasa

Ithaca – Gemeinhin galt flüssiges Wasser bisher als unabdingbare Grundlage, damit sich auf einem Planeten Leben entwickeln kann. Mittlerweile gelangen Astrobiologen aber immer mehr zu der Überzeugung, dass auch auf Welten ohne Wasser unter Umständen chemische Reaktionen zu exotischen Lebensformen führen könnten –, dass also Leben nicht auf die sogenannte habitable Zone um einen Stern beschränkt sein muss.

Der Saturnmond Titan beispielsweise liegt weit jenseits dieser Zone und macht auf den ersten Blick nicht unbedingt den Eindruck einer lebensfreundlichen Welt. Beim näheren Hinsehen fallen einem dennoch einige verblüffende Gemeinsamkeiten mit der Erde auf: So ist der Titan der einzige Mond im Sonnensystem, der eine dichte Atmosphäre und ein großes Flusssystem, sogar einen regelrechten Flüssigkeitskreislauf besitzt – mit dem Unterschied allerdings, dass die Gashülle des Titan kaum Sauerstoff enthält, dafür umso mehr Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan. Folglich bestehen die Gewässer auf dem Saturntrabanten ebenso aus Ansammlungen von Kohlenwasserstoffen.

Blausäure in Titan-Sedimenten

Nun hat ein Team um Martin Rahm von der Cornell University in Ithaca, New York, Daten der Saturn-Sonde Cassini-Huygens analysiert und dabei mögliche Grundlagen für komplexe Moleküle entdeckt. Diese Substanzen seien nach Ansicht der Forscher durchaus geeignet, als Bausteine für Lebensformen zu dienen. Besonders das Vorkommen von Cyanwasserstoff, also Blausäure, in den Sedimenten des Mondes hat es den Wissenschaftern angetan.

Auf Basis dieser Moleküle und den Oberflächenbedingungen auf Titan entwarfen Rahm und seine Kollegen eine Simulation, die schließlich zur Entstehung von bestimmten Polymeren führten, darunter auch sogenanntes Polyimin. Diese Substanz fördert laut der im Fachjournal "PNAS" präsentierten Studie präbiotische Reaktionen, und zwar ganz ohne flüssiges Wasser. Die auf diese Weise entstandenen chemischen Strukturen seien beispielsweise in der Lage, Sonnenlicht jener Wellenlängen, die auf dem Titan vorherrschen, zu absorbieren – eine mögliche Grundlage also für die Energiegewinnung potenzieller Organismen. (red, 15.7.2016)