V.l.n.r.: Stefan Niggemeier, Armin Wolf, Thomas Krüger und Patricia Schlesinger.

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Hamburg – Populisten und Medien sind Thema der ersten Diskussion auf der Jahreskonferenz von "Netzwerk Recherche" in Hamburg: "Belehren und bekämpfen – oder nur berichten?". Eine Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Ein Rezept gegen Populismus habe er nicht, sagt etwa Armin Wolf. Denn Journalisten könnten Populisten nicht entzaubern, so der ZiB2-Anchorman und stellvertretender ORF-Chefredakteur. Dies sei nur möglich, wenn diese als Juniorpartner in Regierungsverantwortung kämen. Wolf bringt am Podium Erfahrungen aus Österreich ein, hier war die FPÖ bereits in einer Regierung.

Anders in Deutschland. AFD-Chefin Beatrix von Storch etwa beschäftigte das Podium gleich zu Beginn mit ihrem mittlerweile gelöschten Tweet zur deutschen Fußballnationalmannschaft. Medien sollen zwar berichten, aber die Empörung in sozialen Netzwerken wie Twitter nicht übernehmen, sagt Medienjournalist und Blogger Stefan Niggemeier.

Empörungsbewirtschaftung

Stefan Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, sieht in der populistischen Themensetzung eine strategische Diskursverschiebung und warnt vor Empörungsbewirtschaftung. Solche Diskurse wie über den rassistischen Tweet einer Politikerin würden die öffentlichen Debatten verändern. Deshalb sei es wichtig, nüchtern, sachlich zu bleiben. So etwas könne man nicht weglächeln, man müsse es vielmehr analysieren.

Wolf nennt den Tweet einen Anfängerfehler, der der FPÖ nicht mehr passieren würde. Er erinnert daran, dass ein FPÖ-Politiker seine Kandidatur 2014 zurückziehen musste, weil er Fußballer David Alaba rassistisch beschimpfte.

Mediales Paralleluniversum

Erfolgreich ist populistische Politik, weil ein Teil der Wählerschaft sich von etablierten Parteien nicht verstanden fühlt. Populisten sind auch nicht auf Journalisten in traditionellen Medien angewiesen. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hat eine hohe Reichweite auf Facebook, die FPÖ betreibt einen Videokanal auf YouTube, zählt Wolf auf.

Populisten müssten sich nicht an Regeln halten, sagt Wolf. Donald Trump sei schlimmer als die AfD, halte sich nicht mehr an Fakten und Wahrheiten und sei vielleicht der nächste US-Präsident. Die Auseinandersetzung mit Unanständigen im Fernsehen könne man nicht gewinnen, meint Verleger Jacob Augstein.

Journalisten seien oft schlecht auf Populisten vorbereitet, sagt RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Akribische Vorbereitung sei unerlässlich, so Wolf. "Wenn ich eines gelernt habe in den vergangenen Jahren, dann ist es: vorbereiten, vorbereiten, vorbereiten." (Sabine Bürger aus Hamburg, 8.7.2016)