Sydney – Mehr als eine Woche nach der Parlamentswahl in Australien hat sich der konservative Premierminister Malcolm Turnbull zum Sieger erklärt. Turnbull reagierte am Sonntag auf das Eingeständnis der oppositionellen Labor-Partei, die Wahl am Samstag vergangener Woche verloren zu haben: "Heute hat mich (Labor-Chef) Bill Shorten angerufen und mir zur Wiederwahl als Premierminister gratuliert", sagte Turnbull am Sonntag.

Obwohl das vollständige Wahlergebnis noch immer nicht bekannt war, hatte Shorten zuvor mitgeteilt, er habe Turnbull zu dessen Sieg gratuliert. "Es ist klar, dass Mr. Turnbull und seine Koalition die neue Regierung bilden werden", sagte der Labor-Chef.

Hoffnung auf Mehrheit

Die Vergabe von fünf Sitzen im Parlament war am Sonntag weiterhin offen. Bisher kommen weder Turnbulls Koalition aus der konservativen Liberal Party und der National Party noch Labor auf die für eine Regierungsmehrheit notwendigen 76 der 150 Sitze im Unterhaus. Nach einer Hochrechnung des Senders ABC kann Turnbulls Bündnis mit 74 Sitzen rechnen. Die Koalition kann jedoch darauf hoffen, dass noch zwei der fünf offenen Sitze an sie gehen.

Labor kommt bisher auf 66 Mandate. Fünf weitere Sitze gehen an unabhängige Kandidaten. Drei von ihnen sagten bereits ihre Unterstützung für eine mögliche Minderheitsregierung unter Turnbull zu.

Der Premier hatte im Mai beide Parlamentskammern aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen, um sich größeren Rückhalt für seine Politik zu verschaffen. Tatsächlich gewann jetzt aber die oppositionelle Labor-Partei deutlich an Stimmen und die Popularität kleiner Parteien und unabhängiger Abgeordneter ist gestiegen.

Turbulente Jahre

Die vergangenen Jahre in der australischen Politik waren turbulent: Seit 2013 gab es vier verschiedene Regierungschefs, da die Parteien wiederholt ihre Anführer stürzten. Turnbull war selbst im September an die Macht gelangt, indem er in der Liberalen Partei seinen Vorgänger Tony Abbott absetzte. Die Popularität des früheren Bankers und Millionärs ist seitdem aber angesichts von Kontroversen um Reformen und Streit in seiner Partei gesunken.

Die australische Wirtschaft leidet unter dem ersten Abschwung im Bergbau seit hundert Jahren. Turnbull plant deshalb massive Steuererleichterungen für Unternehmen. Die Ratingagentur S&P hatte vor wenigen Tagen erklärt, das Land könnte seine Top-Bonitätsnote "AAA" verlieren, da nach den jüngsten Wahlen die Konsolidierung des Haushalts womöglich schwieriger werde. (APA, AFP, 10.7.2016)