Der Presserat beschäftigt sich mit einem Artikel der "Kronen Zeitung", der gegen den Ehrenkodes der österreichischen Presse verstoßen soll.

Foto: Christian Fischer Fotografie

Wien – Der Senat 3 des Presserats beschäftigte sich mit dem Artikel "Sozialhilfe für Messerstecher", der am 11. März in der "Kronen Zeitung" erschienen ist. Nach Meinung des Senats verstößt der Artikel gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse.

In dem Artikel wird über einen "Bandenkrieg" zwischen Afghanen und Tschetschenen berichtet, bei dem "bis zu 70 junge Männer bzw. Jugendliche" mit Messern aufeinander losgegangen seien, wobei sieben Personen teilweise schwer verletzt worden seien und fünf Afghanen in Haft sitzen würden.

Soziale Randgruppen gegeneinander ausgespielt

Im letzten Drittel des Artikels wird angemerkt, dass 2015 "übrigens fast 8000 Asylwerber straffällig" geworden seien, und dass Informationen für Aufregung sorgen würden, "wonach viele der Verdächtigen Sozialhilfe aus unseren Steuergeldern beziehen." Die Mindestsicherung betrage 838 Euro, Bürgermeister Häupl wolle trotzdem keine Kürzungen für Flüchtlinge. Zum Abschluss wird angemerkt, dass "die Mindestpension in Österreich [...] mit 882,72 Euro de facto genauso hoch" sei, dass "davon aber noch Wohnkosten wie Strom, Gas, Miete bezahlt sowie Lebensmittel gekauft werden" müssten, wobei "zum Leben [...] kaum etwas übrig" bleibe.

Ein Leser beanstandet, dass hier durch gezielte Falschinformation soziale Randgruppen gegeneinander ausgespielt würden. Der Senat vertritt die Ansicht, dass der Artikel einige Ungenauigkeiten aufweist und offenbar bewusst ein falsches Bild vermittelt werden sollte. So wird etwa geschrieben, dass "fünf Afghanen – allesamt Asylwerber – in Haft" seien und es für Aufregung sorge, "dass auch die wenigen gewalttätigen Flüchtlinge 838 Euro Mindestsicherung ohne zu arbeiten beziehen, aber davon nur wenig für Wohnen oder Essen brauchen" würden.

"Krone" Diskriminierung und pauschale Verunglimpfung vorgeworfen

Es entsteht der Eindruck, dass es keinen Unterschied zwischen Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen, also Asylberechtigten gebe. Tatsächlich bekommen nur Asylberechtigte unter gewissen Voraussetzungen Mindestsicherung, Asylwerber hingegen nur die weit geringere Grundversorgung (in Wien bekommt man etwa 320 Euro im Monat als Mietzuschuss und für Verpflegung).

Zudem wird es in dem Artikel fälschlicherweise so dargestellt, dass von der Mindestsicherung weder die Wohnkosten, noch Lebensmittel bezahlt werden müssen. Der Artikel verstößt somit gegen Punkt 2 des Ehrenkodex, wonach Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Wiedergabe von Nachrichten und Kommentaren oberste Verpflichtung von Journalisten sind, so der Senat. Die falschen Darstellungen sind nach Meinung des Senats gleichzeitig auch eine Diskriminierung und pauschale Verunglimpfung von Asylwerbern und Flüchtlingen iSd. Punkt 7 des Ehrenkodex. Der Senat fordert die betroffene Medieninhaberin auf, die Entscheidung freiwillig in der "Kronen Zeitung" zu veröffentlichen. (red, 11.7.2016)