Venedig/Wien/Rom – Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) will den Güterverkehr von China nach Europa verstärkt auf die Schiene verlagern. Bei der internationalen Konferenz "Entlang der Seidenstraße" in Venedig hat er sich gestern und heute (Montag) für das alte Projekt zur Verlängerung der russischen Breitspurbahn nach Wien stark gemacht.

"Die Seidenstraße darf nicht vor den Toren Österreichs enden", sagte Leichtfried in seiner Abschlussrede. "Wien soll die zentrale Drehscheibe werden, von der aus Reisende in die umliegenden Länder kommen und die Waren in ganz Europa verteilt werden."

Allein 2015 wurden laut Schätzungen rund 100.000 Container von China über Russland nach Osteuropa befördert. Die Transportdauer entlang dieser Strecke ist mindestens 10 Tage kürzer als auf dem Seeweg. 2015 hat Österreich gemeinsam mit der Slowakei, der Ukraine und Russland eine Machbarkeitsstudie zur Verlängerung der russischen Breitspurbahn vom ostslowakischen Kosice nach Wien in Auftrag gegeben, die 2017 fertig sein soll.

Geredet wird über das Projekt aber schon viel länger. Ein Memorandum of Understanding (MoU) wurde schon 2008 zwischen Österreich, Russland, der Slowakei und der Ukraine unterzeichnet, die Kosten des Bahnprojekts wurden damals auf 4 Mrd. Euro geschätzt. Fünf Jahre später war man noch nicht wirklich weiter – es wurde ein weiteres MoU unterzeichnet. Zudem wurde eine Projektstudie in Auftrag gegeben, die Entscheidung über das Projekt sollte 2014 fallen. "Im Großraum Wien ist bei der Umsetzung ein Güterterminal um rund 800 Mio. Euro geplant", sagte der damalige ÖBB-Chef Christian Kern. Nun will man das Ergebnis einer weiteren Studie abwarten.

"Mein Ziel ist es, so viel Verkehr wie möglich von der Straße auf die Schiene zu bringen", sagte Leichtfried heute. "Deshalb bauen wir das Bahnnetz in Österreich weiter aus." Wichtig seien aber auch effiziente Bahnverbindungen innerhalb Europas und darüber hinaus. "Die Seidenstraße ist dabei ein entscheidendes Projekt."

Leichtfried traf bei der Konferenz auch seinen italienischen Amtskollegen Graziano Delrio zu einem Arbeitsgespräch. Hauptthema dabei war es, den Schienengüterverkehr zwischen Österreich und Italien zu stärken, etwa durch eine bessere Anbindung der Bahn an die Häfen, Investitionen in moderne Infrastruktur bei den Güterterminals und eine Neuausrichtung der Förderungen.

Auch Italiens Außenminister Paolo Gentiloni hob die Notwendigkeit einer engeren Vernetzung der Häfen im nördlichen Adria-Raum hervor. "Unser Adria-Netz mit den Häfen Venedig, Triest, Ravenna zusammen mit jenen von Koper und Rijeka sind in punkto Infrastruktur und Logistik beispielhaft", sagte Gentiloni. Die Adria-Häfen seien in den letzten Jahren trotz der Krise stark gewachsen. In den letzten 15 Jahren sei der Handel im Mittelmeerraum um 124 Prozent gestiegen.

Für die "Seidenstraße" von China nach Europa stehen derzeit drei Routen zur Debatte: Zwei Landverbindungen, mit einer nördlichen Strecke durch die zentralasiatischen Staaten über Moskau und einer südlichen Strecke über Iran und die Türkei, sowie die Seeverbindung über das Südchinesische Meer, den Indischen Ozean und das Rote Meer zu den Mittelmeerhäfen Europas. Für Österreich sei bei allen Varianten relevant, dass die jeweiligen Bahnstrecken bis in den Raum Wien geführt werden, betont man im Verkehrsministerium. (APA, 11.7.2016)