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Gefangenenaufstand im Modelo-Gefängnis, Juni 1997

Foto: APA/epa/Marcelo Salinas

Bogotá – Die Zahl der Menschen, die in einem kolumbianischen Gefängnis über Jahre hinweg getötet wurden und verschwanden, ist wahrscheinlich viel höher als angenommen. Inhaftierte Paramilitärs hätten vermutlich zwischen 1999 und 2001 bis zu 400 Menschen in der Haftanstalt "La Modelo" in Bogotá ermordet, sagte der Ermittlungsleiter der Generalstaatsanwaltschaft, Julian Quintana, am Dienstag.

Die Aussagen von Ex-Mitgliedern der Paramilitärs und weitere Beweise legten die neue Zahl nahe. Zu Beginn der Ermittlungen im Februar dieses Jahres hatte die Behörde von 100 oder mehr vermuteten Fällen gesprochen, in denen rechtsgerichtete Paramilitärs Insassen, Besucher und Personen, die gewaltsam ins Gefängnis gebracht wurden, ermordeten, deren Leichen an Schweine verfütterten oder im Abwassersystem entsorgten. Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es Fotos von Menschen, die das Gefängnis betraten, aber niemals verließen.

Schweinezüchter erhielt "Küchenabfälle"

Reporter des Magazins "Semana" sprachen mit einem ehemaligen Gefängnisinsassen, der von Elektroschocks, Vorschlaghämmern und einem Vertrag der Justizbehörde Inpec mit einem Schweinezüchter aus der Stadt Soacha außerhalb Bogotás berichtet.

Dieser habe "Küchenabfälle" aus dem Gefängnis übernommen und an die Rüsseltiere verfüttert. Erst als Pressefotos auftauchten, die ein Schwein mit einer menschlichen Hand im Maul zeigten, wurde diese Zusammenarbeit beendet, so der anonymisierte Zeuge. Fortan wurden die Leichen zerstückelt und über die Abwasserkanäle der Haftanstalt entsorgt.

Die Paramilitärs (Autodefensas Unidas de Colombia/AUC) bekämpften in Kolumbien die linke Guerilla und wurden von konservativen Unternehmern und Großgrundbesitrzern unterstützt, finanzierten sich aber auch über Kokain- und Heroinhandel.

Untersuchungen in weiteren Gefängnissen

Die EU und USA stuften sie als Terrororganisation ein. Ihr Arm reichte in höchste Regierungskreise. Auch in den Gefängnissen galt und gilt Korruption als weit verbreitet. Laut Quintana werden nun auch ähnliche Fälle in anderen Haftanstalten Kolumbiens in den Jahren 1998 bis 2003 untersucht.(red, APA, dpa, 13.7.2016)